Der Präsident, der es nicht nötig hatte…

Angesichts der sozialen Spannungen in Frankreich, die sich ab dem 7. März auf der Straße und in neuen Streiks entladen werden, meint Präsident Macron, dass er nicht mit seinen Landsleuten reden muss.

Mit dem französischen Volk reden? Igitt, Dialog gibt es für Macron erst ab einem siebenstelligen Bankkonto... Foto: DonkeyHotey / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Momentan tourt Emmanuel Macron durch Afrika, besucht Gabun, Angola und die Demokratische Republik Kongo und verkündet, wie immer mit viel Pathos, seine neue „Afrika-Strategie“. Abgesehen davon, dass die neuen Realitäten in Afrika eine massive Präsenz Chinas und Russlands darstellen und sich Afrika immer mehr von den ehemaligen Kolonialmächten lossagt und folglich Macrons Strategie niemanden so richtig interessiert, könnte man angesichts der Unruhen in Frankreich und in Europa auch denken, dass der französische Präsident zur Zeit eigentlich andere Prioritäten haben müsste. Doch will er sich zum Thema der Spannungen in Frankreich nicht äußern, zumindest nicht jetzt. Sondern erst, wenn seine Reform eingetütet ist und die Franzosen von den wunderbaren Fortschritten des sozialen Rückschritts „überzeugt“ sind.

Langsam fragt man sich, was eigentlich das Problem des Emmanuel Macron ist. Realitätsfremde? Schlechte Berater? Oder einfach nur eine abgrundtiefe Mißachtung der eigenen Bevölkerung? Angesichts der ab dem 7. März zu erwartenden Unruhen, bei denen erneut Millionen Franzosen demonstrieren werden und sehr weitreichende Streiks stattfinden, ist es geradezu unglaublich, dass der Präsident der Ansicht ist, dass er den Franzosen zu diesem Thema nichts sagen muss.

Man könnte das Gefühl bekommen, dass Präsident Maron überhaupt nicht mitbekommt, wie aufgeladen die Stimmung im Land ist. Die Aussage, dass man „die Demonstranten auch noch überzeugen wird“, zeigt nur, dass die Einschätzung der Lage im Präsidentenpalast nicht den Tatsachen entspricht.

Bereits die Debatte zur Rentenreform in der Assemblée Nationale war ein trauriges Schauspiel dessen, was Demokratie eigentlich nicht sein sollte. Und dass sich der Präsident um die Debatte zu dem Thema mit seinen Landsleuten drückt, heizt die Stimmung nur unnötig weiter an und verstärkt das Gefühl, dass es dieser Regierung völlig egal ist, was die Bevölkerung denkt oder sogar möchte.

Den immer tiefer werdenden Graben zwischen „denen da oben“ und der Bevölkerung hat in erster Linie ein Präsident zu verantworten, der es nicht mehr schafft, sein eigenes Land halbwegs in Schuss zu halten, dafür aber gerne durch die Welt jettet und dort ungefragt Tipps verteilt, die selbst dort, wo er hinfährt, niemanden sonderlich interessieren.

Dass in einer Situation, in der durch Pandemie, Ukraine-Krieg und eine galoppierende Inflation ohnehin schon die Nerven blank liegen, ausgerechnet der Präsident durch seine weltfremde Haltung weiter Öl ins Feuer gießt, ist zum einen wenig zielführend, zum anderen hochgefährlich. Doch scheint es in Europa immer mehr zur Regel zu werden, dass man Schauspieler und Bankiers statt Politiker in die wichtigen Ämter wählt. Aber ob die Zeit noch reicht, bei den nächsten Wahlen anders abzustimmen, ist fraglich. Zumal es ebenfalls fraglich ist, ob die Franzosen überhaupt anders abstimmen würden. Offenbar haben inzwischen die meisten Franzosen geschluckt, dass diese Regierung den Satz „Alle Macht geht vom Volk aus“ in „Alle Macht geht vom Staat aus“ umgewandelt hat. Insofern wird wohl das Armdrücken zwischen einer heillos überforderten Regierung und einem wütenden Volk auf der Straße ausgetragen werden, was offenbar auch der Wunsch dieses „Präsidenten“ ist. Am 7. März geht es dann richtig los…

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