Der Senator und das Exctasy
Frankreich staunt. Der konservative Senator Joël Guerriau (Horizons) hat seine Kollegin Sandrine Josso (MoDem) unter Drogen gesetzt. Noch nicht geklärt ist, warum er das tat.
(KL) – Eigentlich sollen Politiker ja vorbildlich sein. In Frankreich, wo nach wie vor Jagd auf jeden kleinen Kiffer gemacht wird, scheint der Konsum harter Drogen in den plüschigen Palästen der Macht in Paris nicht allzu ungewöhnlich zu sein. Doch der aktuelle Skandal rund um den Senator Joël Guerriau (Horizons) ist dann doch reichlich ungewöhnlich.
Der Senator, der inzwischen wieder auf freiem Fuss ist, hatte seiner Kollegin Sandrine Josso (MoDem) ein Glas Champagner verabreicht, in das er vorher ein Säckchen Exctasy geleert hatte. Und das tat Sandrine Josso ganz und gar nicht gut. Bis zu seiner Verurteilung gilt zwar auch für Guerriau die Unschuldsvermutung, doch hat er bereits die groben Linien des Geschehens an diesem Abend eingeräumt, allerdings versucht er, die Vorkomnisse als „Versehen“ abzutun. Doch seine Einlassungen bei seiner Vernehmung werfen ein mehr als seltsames Licht auf das, was die Mächtigen in Paris veranstalten.
Einerseits sagt Guerriau, dass er sich einen kleinen Champagner-Exctasy-Drink gemixt habe und dann „aus Versehen“ die Gläser beim Eintreffen seiner Kollegin Josso verwechselt habe, andererseits „entschuldigt“ er das Geschehen damit, dass er sich nach seiner Wiederwahl in Paris „einsam“ gefühlt habe, dass dazu seine Katze gestorben sei und dass er die Krebserkrankung eines Freundes schlecht verarbeitet habe. Somit hat er das Geschehen selbst eingeräumt, nur bei seiner Motivation gehen die Ansichten auseinander. So gehen Sandrine Josso und ihre Anwälte davon aus, dass die Senatorin absichtlich unter Drogen gesetzt wurde, um sexuell angegriffen zu werden, während Guerriau eben behauptet, es sei eine Art Verwechslung gewesen.
Für eine derartige „Begründung“ würde der Normalsterbliche beim Verhör bei der Polizei vermutlich massiv unter Druck gesetzt werden, doch in Paris scheinen Drogenexzessen in den „besseren Kreisen“ gar nicht so ungewöhnlich zu sein. Es reicht, sich bei einigen der hohen Politiker in Frankreich bei ihren Wahlkampfauftritten die Pupillen anzuschauen, und man darf davon ausgehen, dass die Damen und Herren nicht nur Traubenzucker zu sich nehmen.
Sandrine Josso hatte das Glück, es bis zu einem Taxi zu schaffen und der Taxifahrer gab später an, dass die Senatorin eindeutig Anzeichen zeigte, dass sie unter Drogen stünde. Ebenso hatte Josso das Glück, dass ein anderer Kollege, Luc Geismar (MoDem), sofort zu ihrer Hilfe eilte und sich bis zum Morgengrauen um sie kümmerte.
Die vermutete Absicht eines sexuellen Übergriffes dürfte beim Prozess nur schwer nachzuweisen sein, doch der Vorgang lässt hellhörig werden. Der Umstand, dass sich die von zahlreichen Skandalen durchgeschüttelte französische Politikerkaste auch noch mit Exctasy dopt, wenn beispielsweise die Katze stirbt, dürfte nicht unbedingt für viel Vertrauen in die Politik sorgen. Aber anders als „normale“ Bürger, die für so eine Aktion ziemlich heftig bestraft werden dürften, muss sich Joël Guerriau nicht allzu viele Sorgen machen. Wenn man ein entsprechendes Niveau erreicht hat, lebt man auch in Frankreich weitgehend unbehelligt. Dass er nun vorerst aus seiner Fraktion ausgeschlossen wurde und seine Ämter ruhen lassen muss, ist natürlich richtig, die Frage ist nur, für wie lange? So lange, bis Gras über die Sache gewachsen ist?
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