Der Struthof oder warum das Erinnern so wichtig ist

Am Sonntag wurde im ehemaligen KZ Natzweiler-Struthof des 70. Jahrestags der Evakuierung dieses KZs gedacht. Warum das so wichtig ist, erklärt der Satz eines Toten.

Die Opfer des Naziterrors verdienen es, dass wir uns heute gegen Neofaschisten zur Wehr setzen! Foto: Claude Truong-Ngoc / eurojournalist(e)

(KL) – Die Gedenkfeier am Sonntag zum 70. Jahrestag der Evakuierung des KZ Natzweiler-Struthof war einem großen Widerstandskämpfer gewidmet, der am 12. Oktober 2013 gestorben ist. Gilbert May, deportierter Widerstandskämpfer, hoch dekorierter Kämpfer für das Nicht-Vergessen, hat die Bedeutung dieser Art der Gedächtnisarbeit in einem Satz zusammengefasst. „Zakhor, [hebräisch: erinnert euch!] – denn solltet ihr euch unglücklicherweise nicht weiter an diese tragische Periode erinnern, dann wären die Millionen Opfer des Nazismus umsonst gestorben.

Gilbert May hatte völlig Recht. Wer heute junge Menschen nach dem Schrecken der Nazis fragt, wer sie fragt, was und wo KZs eigentlich waren, dann wissen die jungen Menschen aus dem Geschichtsunterricht höchstens, dass es Auschwitz und Dachau gegeben hat. Vom KZ Natzweiler-Struthof haben sie noch nie gehört.

Doch wie sollen junge Menschen die aktuelle Bedrohung durch eine neue Generation Faschisten in Europe richtig einschätzen, wenn sie nicht mehr vermittelt bekommen, wohin Faschismus führt? Umso erfreulicher war es, dass am Sonntag auch Jugendliche bei der Gedenkfeier dabei waren, Angehörige der Opfer, Botschafter für die Jugend, dass so etwas nie wieder geschehen darf.

In einer Zeit, in der in fast allen Ländern wieder nationalistische Töne zu hören sind, in denen der Hass auf Minderheiten geschürt und der Ruf nach einer harten Hand wieder laut wird, muss man sich immer wieder aufs Neue erinnern, wohin Faschismus führt.

Die Zeitzeugen sind schon fast alle gestorben und die wenigen Überlebenden, die heute noch zu solchen Gedenktagen ihre KZ-Uniform anziehen, haben auch als Überlebende ein traumatisiertes Leben geführt und all diese Opfer geben uns heute, wie Gilbert May, eine Aufgabe mit – zu verhindern, dass Menschen noch einmal so leiden müssen.

Auch und gerade in Deutschland brauchen wir nicht weniger, sondern mehr solcher Veranstaltungen. Immerhin gab es in Deutschland die NSU, immerhin schickt Deutschland einen NPD-Abgeordneten ins neue Europaparlament, einen Menschen, der so rechtsextreme Positionen vertritt, dass selbst Marine Le Pen ihn nicht in ihrer Fraktion haben will. Und das will etwas heißen.

Das Jahr 2014 und auch die nächsten Jahre werden voller Gedenktermine sein, die beide Weltkriege betreffen. Diese sollten nicht „gedankenlos“ begangen werden, sondern sollten als Gelegenheit genutzt werden, neofaschistischen Strömungen in ganz Europa ein klares und lautes „Nein!“ entgegen zu schmettern. Denn das schulden wir den Opfern des Nazismus und der Kriege des letzten Jahrhunderts.

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