Der Teufel steckt oft im Detail…

Das vor Monaten beschlossene Fernwärme-Kooperationsprojekt zwischen den Städten Straßburg, Kehl und den Badischen Stahlwerken ist ins Stocken geraten. Und zwar in Paris.

So einfach könnten 4500 Haushalte in Strassburg mit Fernwârme von den BSW in Kehl versorgt werden. Wâre da nicht der Pariser Amtsschimmel... Foto: Volker Sperlich / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Was für ein sinnvolles Projekt! So freuten sich alle im Mai letzten Jahres, als die Städte Straßburg und Kehl, zusammen mit den Badischen Stahlwerken (BSW) ihre Absicht kundtaten, die überschüssige, bei der Stahlproduktion anfallende Industriewärme aus der BSW-Produktion in die Wärmenetze auf beiden Seiten des Rheins einspeisen zu wollen. 4500 Haushalte in Straßburg könnten somit versorgt werden, die BSW würde ihre Ressourcen ideal nutzen und auch die Stadt Kehl könnte mit einer sicheren Wärmeversorgung rechnen, die sogar perspektivisch noch Geld abwirft. Ein wunderbares, deutsch-französisches Projekt! Wäre da nicht der zentralistische französische Amtsschimmel.

In Paris ist dieses deutsch-französische Kooperationsprojekt im Haushaltsministerium versandet. Bereits vor acht Monaten, so erklärte uns der Präsident der Eurometropole Strasbourg Robert Herrmann gestern telefonisch, habe man eine Anfrage an dieses Ministerium gestellt, um die Frage der Mehrwertsteuer zu klären. Doch bislang ist keine Antwort aus Paris gekommen, trotz 30 Nachfragen, wie Robert Herrmann berichtet. Es ist, als sei diese für eine betriebswirtschaftliche Kalkulation unabdingbare Klärung der Mehrwertsteuer-Frage in eine ministerielle Endlosschleife geraten, in der es keine Antworten gibt.

„Dabei“, so Robert Herrmann, „wäre dies ein Musterprojekt für den Aachener Vertrag, der ja genau für solche Fälle die Möglichkeit zu projektbezogenen Ausnahmeregelungen in den Eurodistrikten vorsieht. Das wäre die Gelegenheit, den Aachener Vertrag mit Leben zu füllen!“

Doch wie lange es noch dauern wird, bis man sich in Paris bequemt, der Eurometropole Strasbourg eine Antwort zur Frage der Mehrwertsteuer zu geben, das kann niemand sagen. Da nützt es auch nicht viel, dass sowohl das Land Baden-Württemberg als auch die Region „Grand Est“ dieses Projekt unterstützen – es hängt jetzt in einem Pariser Ministerium, obwohl sich alle lokalen und regionalen Akteure schon längst für dieses Projekt ausgesprochen haben.

Sollte es der großen Politik mit den Dingen ernst sein, die sie sich in den Aachener Vertrag geschrieben hat, dann sollte jetzt auch die Lernkurve für diese neue Dimension der deutsch-französischen und europäischen Zusammenarbeit beginnen. Erste Lektion: Die Entscheidungsgewalt für die bestimmte Regelungen des Aachener Vertrags muss von nationaler auf regionale Ebene verlagert werden, wo deutlich schneller und effizienter entschieden und gehandelt werden kann. Wenn sich Kooperationsprojekte in den Grenzregionen dadurch verzögern, dass die nationalen Regierungen jedes einzelne solcher Projekte einzeln in allen Detailfragen absegnen müssen, dann erschwert es den ganzen Prozess nur unnötig.

Der Aachener Vertrag sieht ausdrücklich die Möglichkeit zu Ausnahmeregelungen für grenzüberschreitende Projekte vor und Projekte wie die Kooperation im Bereich der Fernwärme zwischen den BSW, Kehl und Straßburg sollten dort entschieden werden, wo die Fachleute vor Ort sie auch bewerten können. Der Umweg über Paris und/oder Berlin sollte vermieden werden, wo immer das möglich ist.

Dass es zu diesem unerwarteten Ausbremsen des Projekts gekommen ist, das ist nicht wirklich schlimm. Schlimm wäre es nur, würde man aus diesen Schwierigkeiten nicht lernen. Durch den Aachener Vertrag, der eine bislang nicht gekannte Ebene der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich einläutet, gilt es nun, die „Kinderkrankheiten“ der geplanten Tiefe der Zusammenarbeit zu überwinden.

Es kann nicht sein, dass Projekte der deutsch-französischen Zusammenarbeit in Pariser Amtstuben ausgebremst werden können – für die Ausnahmeregelungen, die sich aus dem Aachener Vertrag ergeben können, wäre es besser, würde die Entscheidungshoheit über grenzüberschreitende Projekte dezentral vor Ort angesiedelt werden. Dann klappt’s auch mit dem Aachener Vertrag.

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