Der Tod ist (und bleibt) ein Meister aus Deutschland

Die Bundesregierung nutzt die allgemeine Unaufmerksamkeit und will nun massiv die deutsche Rüstungsindustrie stärken. Begreift diese Generation eigentlich überhaupt nichts?

Der Tod, ein Meister aus Deutschland, der angesichts der deutschen Politik depressiv wird... Foto: Horst Meister / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Womit führt man Kriege, Bürgerkriege, Bandenkriege und tötet Menschen? Richtig – mit Waffen. Und damit Menschen andere Menschen töten können, muss irgendjemand diese Waffen herstellen. Neben anderen tut sich auch Exportweltmeister Deutschland in dieser Branche hervor. Als ob das nicht schon längst reichen würde, will die Bundesregierung nun die Rüstungsindustrie weiter stärken.

Zwei Argumente führen die Waffenschmiede dieser Welt immer wieder in der Diskussion an. A) Wenn wir die Waffen nicht herstellen und verkaufen, tut es eben jemand anderes, also machen wir es eben selbst und B) Ohne die Rüstungsindustrie sind bei uns Arbeitsplätze gefährdet. Argument A) hat dabei ungefähr die moralische Eleganz wie die Aussage vieler SS-Schergen, die in Konzentrationslagern beschäftigt waren: „Wenn ich es nicht mache, macht es eben jemand anderes, also kann ich es auch selbst machen“. Und Argument B) stimmt natürlich, ist aber moralisch ebenso verwerflich – denn es bedeutet nichts anderes, als dass wir Arbeitsplätze bei uns gegen Mordopfer woanders tauschen. Ist ein Arbeitsplatz bei uns wirklich mehr wert als ein Menschenleben anderswo auf der Welt?

Über 40 Milliarden Euro stehen im Bundeshaushalt. Eine unglaubliche Summe. In einem Arbeitspapier der Bundesregierung steht folgender Satz: „Die sicherheits- und verteidigungspolitischen Herausforderungen Deutschlands, der EU sowie der Nato sind in den zurückliegenden Jahren größer, volatiler und komplexer geworden.“ Stehen wir etwa im Krieg mit irgendjemandem, dass unsere „verteidigungspolitischen Herausforderungen“ so viel größer geworden sind? Ist das die Vorbereitung auf die nächsten Kriegseinsätze der Bundeswehr, von denen Verteidigungsministerin AKK öffentlich träumt? Wollen wir Krieg? Werden wir angegriffen? Oder geht es darum, anderen bei der Aufrechterhaltung ihrer postkolonialen Wirtschaftsinteressen rund um den Globus aktive Tötungshilfe zu leisten?

Wir dürfen nicht vergessen, wer wir sind. Anders als andere Länder, die zum Thema Militär ein anderes, oftmals entspannteres Verhältnis haben als wir Deutschen, sollten wir nicht vergessen, dass Deutschland in den letzten 150 Jahren drei mörderische Kriege angezettelt hat, die Millionen und Abermillionen Menschenleben gekostet haben. Daher ist das Thema Militär bei uns anders zu werten als anderswo.

Dass ausgerechnet eine Regierung unter christdemokratischer Führung keinerlei Probleme mit dem Gebot „Du sollst nicht töten“ hat, ist erstaunlich. Denn unter dieses Gebot fällt auch die Beihilfe zum Mord. Und was ist die Herstellung und der Verkauf von Waffen anderes als Beihilfe zum Mord?

In zwei Bereichen will die Bundesregierung besonders heftig investieren. Da ist zum einen der Bau von Kriegsschiffen und zum anderen die „elektronische Kampfführung“, sprich das, was die USA schon länger betreiben: das Töten mit Drohnen, das über Tausende Kilometer von Soldaten im Videospiel-Modus erfolgt. Da will natürlich auch Deutschland mitmischen, denn das ist so herrlich anonymes Distanz-Töten, bei dem man niemandem in die Augen schauen muss, bei dem man keine Blutspritzer abbekommt und bei dem man nach erfolgreichem Töten einfach den Bildschirm ausschalten und noch ein wenig „World of Warcraft“ auf dem Tablett spielen kann.

Die Bundesregierung sollte nicht weiter in die Herstellung und den vertrieb von Mordwerkzeugen investieren, sondern das Geld lieber in den Aufbau einer sozial gerechten Gesellschaft investieren. Niemand bestreitet, dass wir uns besser im Bereich der Inneren Sicherheit und vor allem der Terrorismus-Bekämpfung aufstellen müssen. Aber das hat nichts mit der Rüstungsindustrie zu tun. Diese gehört nicht gefördert, sondern schrittweise abgebaut.

Doch offenbar ist unsere Gesellschaft, übrigens nicht nur in Deutschland, in einer schweren Demokratiekrise angekommen. Wollen wir Deutschen wirklich mehrheitlich, dass unsere Regierung Milliardenbeträge in die Rüstungsbranche pulvert, dafür aber Schulen, Krankenhäuser, Altenheime und anderen Infrastrukturen in katastrophalem Zustand bleiben? Wollen wir wirklich mehrheitlich, dass in Deutschland rund ein Fünftel der Bevölkerung in Armut lebt, dafür aber Milliarden an Rüstungsunternehmen überwiesen werden?

Es ist offenkundig, dass wir einen grundlegenden gesellschaftlichen, politischen  und wirtschaftlichen Wandel brauchen – doch der ist weit, weit entfernt. Und so machen dann eben alle weiter wie bisher, so lange, bis uns die selbst gebastelten Bomben um die Ohren fliegen. Das hätten wir uns dann allerdings selbst zuzuschreiben. Denn diejenigen, die aus Deutschland wieder den „Meister des Todes“ machen, die haben wir selbst per Stimmzettel ermächtigt, dies in unserem Namen zu tun. Vielleicht wäre es an der Zeit, einmal etwas anderes zu versuchen.

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