Der Weg in den III. Weltkrieg

Nach dem Einschlag einer Rakete in einem Dorf an der polnisch-ukrainischen Grenze dröhnt die Propaganda-Maschine auf allen Seiten. Genau so hatte bereits der II. Weltkrieg begonnen.

Die Zeche für diesen Krieg wird, wie immer, die Zivilgesellschaft zahlen. Foto: Dsns.gov.ua / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Die Nachrichtenlage über den Einschlag einer angeblich russischen Rakete auf der polnischen Seite eines Grenzdorfs an der polnisch-ukrainischen Grenze hat viel Unruhe ausgelöst. Reflexhaft beschuldigten sich die russische und die ukrainische Seite, diese Rakete abgeschossen zu haben, die mindestens zwei Menschenleben gekostet hat. Und sofort kam die Frage auf, ob dies nun der NATO-Verteidigungsfall sei oder nicht. Offensichtlich war er es nicht, denn wenige Stunden später erklärte US-Präsident Joe Biden, dass es sich um eine von der Ukraine abgefeuerte und fehlgeleitete Rakete gehandelt habe. Bevor ein Joe Biden eine solche Erklärung abgibt, muss er über belastbare Informationen verfügen. Und plötzlich erinnert man sich, wie der II. Weltkrieg angefangen hatte.

Als Vorwand für den deutschen Einmarsch diente ein Täuschungs-Manöver, bei dem die Nazis selbst, als polnische Widerstandskämpfer verkleidet, am 31. August 1939 den Radiosender Gleiwitz überfielen und in polnischer Sprache eine Kriegserklärung an Deutschland verkündeten. Das, was man heute als „Fake News“ bezeichnen würde, diente Hitler als Vorwand, um seine Truppen am nächsten Morgen Polen überfallen zu lassen.

Die Geschwindigkeit, mit der Wolodomyr Selensky die russische Seite bezichtigte, ist einerseits nachvollziehbar, in einer Situation, in der Russland seine Raketenangriffe auf das ganze Land intensiviert hat. Andererseits versucht Selensky seit Monaten, mit allen Mitteln die NATO in diesen Krieg zu involvieren, denn die Militär-Experten sind sich einig, dass die Ukraine diesen Krieg, wenn überhaupt, nur mit Hilfe von NATO-Truppen gewinnen kann.

Der russischen Seite sind solche Angriffe allerdings ebenso zuzutrauen. Je länger dieser Krieg dauert, je mehr Rückschläge die russische Armee einstecken muss, desto heftiger wird das Vorgehen der russischen Armee. Nur – die Rückschläge der russischen Armee sind alles andere als ein Zeichen, dass dieser Krieg demnächst enden könnte. Nachdem die russische Armee das Westufer des Dnipro und Cherson verlassen haben, legen sie einige Kilometer vom Dnipro entfernt auf dem anderen Ufer eine große Verteidigungsanlage an, die kaum von der Ukraine angegriffen werden kann, zumal praktisch alle Brücken von der Ukraine vor Wochen und Monaten unbrauchbar gemacht worden waren, um den russischen Vormarsch und Nachschub zu unterbrechen. Wie die Russen aus dem Osten der Ukraine vertrieben werden sollen, ist unklar.

Der Zwischenfall mit dieser Rakete auf polnisches Gebiet zeigt vor allem eines: Es reicht ein Zwischenfall, um Reaktionen auszulösen, deren Konsequenzen offenbar niemandem klar sind oder aber, die billigend in Kauf genommen werden. Und ausnahmsweise hat Dimitri Medwedew, Putins Adlatus, einmal Recht, wenn er sagt, dass sich der Westen rasant auf den III. Weltkrieg zubewegt. Dass sein Land diesen Krieg angezettelt hat, das vergißt Medwedew allerdings zu erwähnen.

Es sollte aber niemand nach diesem III. Weltkrieg erstaunt fragen, wie es so weit kommen konnte. Es kann so weit kommen, weil sich alle Parteien redlich Mühe geben, die Situation ständig weiter eskalieren zu lassen. Die Rechnung dafür werden, wie immer, die Zivilbevölkerungen zahlen, mit ihrem Leben und zerstörten Ländern. Währenddessen werden die Verantwortlichen in Saus und Braus im Exil leben und keinerlei Verantwortung dafür tragen, was sie der Welt aufgebürdet haben.

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