Der Weg ist das Ziel?

Die EU hat sich ein neues, ambitionierteres Klimaziel für 2030 gesetzt. „Historisch“, nennen es die Verantwortlichen der EU. Doch stehen die Chancen hoch, dass dieses Ziel genauso wenig erreicht wird wie alle anderen zuvor.

Das ist die Realität des Klimawandels. Ob Absichtserklärungen da noch rechtzeitig helfen können? Foto: Andreas Weith / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Nun sind die europäischen Spitzen aber mal richtig zufrieden mit sich und ihrer Arbeit! Und zwar deshalb, weil sie sich nach zähen Verhandlungen darauf geeinigt haben, dass im Jahr 2030 der Ausstoß von Treibhausgasen 55 % unter dem Wert von 1990 liegen soll. Was das konkret bedeuten soll, das weiß neben einer Handvoll Experten niemand, aber es klingt gut. Ambitioniert. Richtig klasse. Das fand zumindest der Vize-Präsident der Europäischen Kommission Frans Timmermanns, der sagte „Das ist ein herausragender Moment für die EU und ein starkes Signal an die Welt!“. Besser noch: „Das ist ein guter Tag für die Menschen und den Planeten“. Alleine, es fehlt der Glaube, dass erstmals ein mit viel Trara angekündigtes Klimaziel erreicht würde.

Niemand zweifelt am guten Willen der politisch Verantwortlichen, tatsächlich für den Klimaschutz aktiv zu werden. Nur haben alle definierten Klimaziele zwei „natürliche Feinde“ – die Zeit und die Wirtschaft. Denn solange es Börsen gibt, an denen Unternehmen Zertifikate erstehen können, die ihnen das Recht zur Umweltverschmutzung gegen einen Obolus einräumen, so lange ist Klimaschutz eine reine Frage des Geldes. Solange es billiger ist, solche Zertifikate zu kaufen als beispielsweise teure Filteranlagen in Fabriken zu installieren, werden sich Unternehmer zumeist für die kostensparende Option entscheiden. Auch, wenn es einige Unternehmer gibt, die sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sind und lieber etwas mehr Geld ausgeben, dafür aber einen umwelttechnisch einwandfreien Betrieb haben.

Momentan fällt es etwas schwer, in die Selbstzufriedenheit der europäischen Politik einzusteigen. Immerhin, es hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass man ein globales Problem wie den Klimawandel nicht regional oder national bekämpfen kann, sondern dass es dafür internationale Strategien braucht. Interessant wäre es zu erfahren, wann die europäische Politik diese Erkenntnis auch auf die aktuelle Pandemie anwendet. Doch davon sind wir Lichtjahre entfernt.

Absichtserklärungen sind eine feine Sache, noch schöner wäre es, wenn sie von Taten begleitet würden. Das Ziel ist natürlich eine „klimaneutrale“ EU, doch erfordert der Kampf gegen den hoch gefährlichen Klimawandel eben mehr als nur Absichtserklärungen. Angesichts der „Geschwindigkeit“, mit der konkrete Maßnahmen ergriffen werden, darf man Zweifel anmelden. Es reicht eben nicht, sich ein- oder zweimal im Jahr zu treffen, neue Ziele zu definieren und sich dafür selbst zu feiern (andere feiern diese Absichtserklärungen schon lange nicht mehr). Zumal, wenn man bedenkt, dass Klimaziele systematisch nicht erreicht werden, weil die entsprechenden, konkreten und verpflichtenden Maßnahmen nicht getroffen werden. Wer spricht heute schon noch von den internationalen Vereinbarungen, die das Ende von Verbrennungsmotoren im Jahr 2035 festlegen? Für den Ausstieg aus den Verbrennungsmotoren spricht der Klimaschutz, doch werden sich wie immer die Lobbys der Automobilbranche durchsetzen, mit der ewig gleichen Drohung mit dem Verlust von Arbeitsplätzen.

So richtig zufrieden sind allerdings nicht alle in Brüssel. Mehrere EU-Parlamentarier der Grünen haben die neuen Ziele als „Rechentrick“ kritisiert und sogar die Ansicht geäußert, dass die EU ihre Pilotfunktion zum Thema Klimaschutz aufgegeben habe.

Eigentlich kann man jetzt nur noch auf eine hoffen – nämlich dass Greta Thunberg möglichst schnell erwachsen wird und die Nachfolge von Ursula von der Leyen antritt. Denn solange in Europa keine echten Klimaschützer am Ruder sind, die bereits sind, auch der Wirtschaft verbindliche Vorgaben als Rechtsrahmen zu setzen, so lange werden die Absichtserklärungen das bleiben, was sie sind. Absichtserklärungen.

 

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