Deutsch sein – nichts leichter als das

Da stellt man eine ganz einfache Frage, und schon soll das typisch deutsch sein. „So sind sie eben, diese Deutschen“, sagt der Befragte zu den anwesenden Franzosen und...

Statt einer Antwort auf seine Frage erhielt unser Kollege Michael Magercord von Bayern-Trainer Svetislav Pesic einen Kurs zum Thema "Deutschsein". Foto: Pimpauge / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(Von Michael Magercord) – „Das ist eine typisch deutsche Frage“, sagt der Angesprochene amüsiert und kennerhaft. Und weil nicht alle im kleinen Pressekonferenzsaal verstanden haben, wiederholt er sie für die französischen Journalisten noch einmal, ganz so, als wäre meine Frage ein schlechter Witz gewesen. War sie aber nicht, sie war nicht einmal besonders originell. Aber wohl doch typisch genug für jene kulturell bestimmte Menschengemeinschaft, der ich in den Augen der anderen wohl allzu offensichtlich angehöre.

Was war geschehen? Gottlob gibt es Youtube und dort ist die Pressekonferenz, auf der ich diese Frage gestellt habe, noch einmal zu sehen. Und was soll daran nun typisch deutsch gewesen sein? Franzosen haben Antworten, Deutsche haben Fragen, meinte kürzlich ein grenzüberschreitend tätiger Theatermann aus Straßburg und sprach von zwei unvereinbaren Metaphysiken, die mit diesen beiden Völkern aufeinandertreffen.

Aber das kann dieser Mann, der das deutsche in meiner Frage ausgemacht hat, nicht gemeint haben, denn der ist Serbe – oder doch Kroate? Gottlob gibt es Google, und demnach ist Svetislav Pešić aus Serbien. Aber das ist wohl auch nicht wichtig, schon eher der Umstand, das er Trainer vom FC Bayern München ist, Basketball wohlbemerkt. Und seine Bayern hatten gerade das Auswärtsspiel gegen die höher eingeschätzten Basketballer aus Straßburg mit 20 Punkten Vorsprung unerwartet deutlich gewonnen.

Und was also hatte ich ihn dann gefragt? Ist doch klar, oder? Würde doch jeder fragen? Selbst Waldemar Hartmann. Also: ich hatte Svetislav Pešić gefragt, ob er sich dieses Spiel zuvor so leicht vorgestellt hätte. Das war alles, und es war typisch deutsch. „Deutsche sehen immer nur auf das Ergebnis, und wenn es hoch ausfällt, meinen sie, alles sei so leicht gewesen.“ Das sei es aber eben nicht gewesen, sondern es war harte Arbeit. „Nur ein Team mit einem gutem Charakter kann hier gewinnen“, schmeichelte der Mann vom Balkan den Elsässern, in dem er der eigenen Mannschaft schmeichelt.

Das ist also deutsch: die Leistung der Sieger schmälern, wenn es die anderen waren, die ausnahmsweise mal gewonnen haben, wobei für mich – das sei hier klar gestellt – die anderen immer die Bayern sind. Oder besser, der FC Bayern. Soweit also wäre der Vorwurf berechtigt, denn die haben es immer leicht. Machen sich doch alle vor Angst in die Hose, wenn die Bayern kommen. Wie vorgestern Abend in Zagreb, zwei zu null. Dösch war doch ihsy! Gut, das fand in Kroatien statt und es war Fußball. Und trotzdem wirkt dieser Effekt wohl auch im Basketball. Bayern bedeutet Angst, da gibt der Gegner schon bei Anpfiff auf und schon geht’s ganz leicht.

Und das ist dann wirklich typisch deutsch, aber das klappt eben nur, weil die anderen es zulassen, sich derart einschüchtern zu lassen. Und wenn sie sich dann doch mal wehren wollen, endet es ziemlich traurig mit einem Eigentor. Wie letzten Sonntag an der Wahlurne in Frankreich. Aber halt, das ist ja Politik, und Sport und Politik sollen ja rein gar nichts miteinander zu tun haben. Und außerdem gibt es diesen Sonntag ja noch eine zweite Halbzeit an der Wahlurne.

Und die Basketballer aus Straßburg werden sogar schon heute Abend gegen ihre Sportsfreunde aus Moskau noch eine Möglichkeit haben, ihre Chancen auf den Verbleib in der Europaliga trotzdem zu wahren. Aber – das sei hier gesagt – wird kein leichtes Spiel!

Youtube link zur Pressekonferenz – HIER KLICKEN!

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