Deutschland, Griechenland, Frankreich – die Neonazis kriechen aus ihren Löchern

Es vergeht momentan kaum ein Tag, an dem im Elsass keine jüdischen Friedhöfe geschändet, Hakenkreuze gesprüht und Nazi-Parolen geschmiert werden.

Über den Diktus mag man geteilter Meinung sein, nicht aber über den Inhalt. So wandelt man ein Hakenkreuz in eine Antifa-Aussage um... Foto: Dereckson / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Man kann die Aktionen der Neonazis fast nicht mehr aufzählen. Ob „Goldene Morgenröte“ in Griechenland, verschiedene Neonazi-Gruppierungen in Deutschland oder die immer virulenter werdenden Neonazis im Elsass – sie kommen wieder aus ihren Löchern gekrochen und versuchen, Angst und Schrecken zu verbreiten. Die Schändungen jüdischer Friedhöfe, wie in Sarre-Union, Quatzenheim, Schaffhouse-sur-Zorn oder Westhoffen vorgestern, um nur diese zu nennen (die Liste könnte endlos weitergeführt werden) zeigen, dass diese Neonazis wieder bereits sind, alle zivilisatorischen Grenzen zu überschreiten, um ihre gestörten Vorstellungen einer Welt des Hasses zu verbreiten.

Gerade das Elsass ist momentan stark von diesen Nazi-Aktionen betroffen, denn das Elsass, als Drehscheibe zwischen den Kulturen, war immer schon eine Region der Toleranz und daher eine Heimat der jüdischen Gemeinden. Das beschränkt sich nicht nur auf die Stadt Straßburg, wo es eine der größten jüdischen Gemeinden Europas gibt, sondern eben auch auf die Dörfer des Elsass, wo das Zusammenleben lange völlig unproblematisch war. Doch heute, im Jahr 2019, stellen sich immer mehr jüdische Mitbürger und Mitbürgerinnen die Frage, ob sie hier noch sicher leben können.

Der Aufschrei der Gesellschaft ist nach diesen ekelhaften Angriffen laut, doch wird er leider auch immer mehr zur Routine, was daran liegt, dass diese Nazi-Aktionen inzwischen so zahlreich sind, dass man kaum auf eine reagieren kann, bevor schon wieder über die nächste berichtet wird. Auch, wenn es wohltuend ist, dass die gesamte Gesellschaft geschlossen hinter den jüdischen Mitbürgern und Mitbürgerinnen steht, so muss jetzt mehr kommen als Empörung. Und zwar auf mehreren Ebenen.

Die erste betrifft den Staat. Wenn man sieht, welche Ressourcen die Staaten bewegen können, wenn es beispielsweise darum geht, Spitzentreffen von Politikern zu schützen oder auch unbequeme linke Demonstranten zu überwachen, zu infiltrieren und zu verfolgen, dann muss die aktuelle Häufung dieser Nazi-Aktionen mit der gleichen Ernsthaftigkeit und deutlich mehr Ressourcen bekämpft werden. Es ist nicht vorstellbar, dass diese Nazi-Hohlköpfe derart professionell vorgehen, dass sie bei ihren Aktionen keine Spuren hinterlassen. Sie zertrampeln Friedhöfe, verwenden Spraydosen, deren Typen identifiziert werden müssten, und bei all diesen Aktionen MUSS es verwertbare Spuren geben, die man verfolgen kann. Hier geht es nicht um „Lausbubenstreiche“, sondern um Verbrechen von Neonazis, die auch als solche behandelt werden müssen.

Doch auch wir alle müssen unsere Sprache umstellen. Bislang liest man von „petits cons“ („kleinen Idioten“), „imbéciles“ („Schwachköpfen“) oder „salauds“ („Arschlöchern“), was zwar alles zutrifft, aber nicht eindeutig genug ist und diese Straftaten eben in die Kategorie von „Streichen“ rückt. Dabei handelt es sich um Nazi-Straftäter, die den gesellschaftlichen Frieden angreifen und das Zusammenleben erschweren. Diese Nazis greifen gerade die gesamte Gesellschaft an und legen das Fundament, auf dem dann schnell die nächste Dimension kommt – nach der Gewalt gegen Dinge kommt die Gewalt gegen Menschen. Das war schon immer so und das wird sich auch wiederholen, wenn jetzt nicht auf allen Ebenen reagiert wird.

Als 2015 der wunderschöne und sehr große jüdische Friedhof in Sarre-Union geschändet wurde, wobei über 100 Grabsteine umgeworfen und zerstört wurden, kam man relativ schnell auf die Täter – eine Bande schwer verhaltensgestörter Jugendlicher, kurz vor der Volljährigkeit, die dann auch sofort von ihrer Dorfgemeinschaft und selbst ihren Lehrern in Schutz genommen wurden. „Das sind doch eigentlich ganz anständige Jungs“, hörte man und die vier Täter kamen mit symbolischen Strafen davon. Nein, das waren keine „ganz anständigen Jungs“, sondern gestörte Pimpfe und Jung-Werwölfe, deren Straffreiheit anderen Tätern die Nachricht brachte, dass man mehr oder weniger ungestraft solche Straftaten verüben kann. Nun reicht es mit dem Verständnis für die „eigentlich ganz anständigen Jungs“ – die Nazi-Straftäter müssen mit der ganzen Härte des Gesetzes verfolgt und bestraft werden. Der 2015 zerstörte Friedhof in Sarre-Union wurde übrigens nicht wieder in seinen vorherigen Zustand versetzt, das hätte zu viel Geld gekostet. Womit die Jung-Nazis am Ende mit ihrer Aktion den Erfolg hatten, den sie angestrebt hatten. Es ist Zeit aufzustehen und zu handeln. Zero Tolerance für Nazis! In Deutschland, Griechenland, Frankreich und überall.

1 Kommentar zu Deutschland, Griechenland, Frankreich – die Neonazis kriechen aus ihren Löchern

  1. Ramon Barniol Pericas // 5. Dezember 2019 um 11:27 // Antworten

    Nicht nur dort, auch in Spanien!!!
    Und zu allem Übel werden die Neofaschisten/frankisten der Partei VOX auch noch hoffähig gemacht, indem die Parteien PP und Ciudadanos mit Ihnen in Autonomieparlamenten und Bürgerhäusern koaliert. Eine Schande.

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