Deutschland schafft Schengen ab

Die von Deutschland zeitlich begrenzte Wiedereinführung von Grenzkontrollen soll laut Olaf Scholz „sehr lange weitergehen“. Tschüss Schengen.

Schengen? Personenfreizügigkeit? Das war einmal - Europa schafft sich immer weiter selber ab. Foto: Asurnipal / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Wie so häufig machen die Politiker genau das, was die Menschen nicht wollen. Fast zeitglich zur Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz, dass die gerade wieder eingeführten Grenzkontrollen „sehr lange“ weitergeführt werden sollen, hat die Europäische Kommission eine Umfrage veröffentlicht, wie Unternehmen und Bürger den Schengen-Raum empfinden. Die Ergebnisse sind eindeutig – „Schengen“ wird als eine der wichtigsten europäischen Errungenschaften betrachtet. Und die wird nun faktisch abgeschafft.

Andere EU-Mitgliedsstaaten sind bereits dem deutschen Beispiel gefolgt, wie beispielsweise Dänemark, das seine Grenzkontrollen zu Deutschland ebenfalls wieder aufgenommen hat. Dazu verkündete Olaf Scholz stolz, dass er im Gespräch mit seinen europäischen Amtskollegen stünde, damit diese ebenfalls wieder Kontrollen an ihren Grenzen einführen und der französische Innenminister, Hardliner Bruno Retailleau, hat bereits im Parlament gefordert, es Deutschland gleichzutun und ebenfalls wieder Grenzkontrollen einzuführen.

Dass sich die EU-Mitgliedsstaaten nun wieder in ihren nationalen Grenzen einigeln und damit die Personenfreizügigkeit innerhalb des Schengen-Raums behindern, ist ein Zeichen, dass sich die Neonationalisten in ganz Europa durchsetzen. Die Vorstellung, dass man damit die Migrations-Frage lösen könne, ist abenteuerlich. Statt europäischer Lösungen macht man nun eben entscheidende und antieuropäische Rückschritte und versucht auch noch, dies als „Fortschritt“ zu verkaufen.

Dass die Bürger und Unternehmen das ganz anders sehen, interessiert die Politik nicht. Immerhin – 81 % der Unternehmen in der EU halten „Schengen“ für eine der wichtigsten europäischen Errungenschaften, 83 % sind der Ansicht, dass „Schengen“ gut für ihre Geschäfte sei und 63 % sagen, dass der Schengen-Raum gestärkt werden sollte. Dieses Stimmungsbild zeigt deutlich, dass das, was die Politik gerade veranstaltet, das Gegenteil dessen ist, was die Europäerinnen und Europäer wollen. Kein Grund also, auf die neuen, nationalistischen Bestrebungen verschiedener EU-Länder stolz zu sein.

Die neue Entwicklung, die faktische Abschaffung von „Schengen“, ist ein weiterer Schritt hin zur Abschaffung der Europäischen Union. Eigentlich gemäßigte Politiker ergreifen Maßnahmen, die nur noch als populistisch und als Versuch gewertet werden können, den rechtsextremen Neonationalisten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Doch wenn man selbst eine rechtsextreme Politik führt, dann sorgt man dafür, dass extremistische und antieuropäische Positionen hoffähig werden. Damit bekämpft man die rechtsextremen Tendenzen in Europa allerdings nicht, sondern befördert sie nur. Die erfolglos diese Taktik ist, sieht man an den jüngsten Wahlen und diese Ergebnisse werden sich bei den nächsten Wahlen wieder bestätigen.

Letztes Jahr hatte die Europäische Kommission eine Empfehlung herausgegeben, den Schengen-Raum weiter zu stärken. Doch das, was Deutschland und andere Länder nun tun, ist genau das Gegenteil – sie schaffen „Schengen“ ab. Wieso Olaf Scholz auf diesen weder von den Unternehmen, noch den Bürgern gewünschten Rückschritt stolz ist, bleibt wohl sein Geheimnis. Vielleicht erklärt er das den Menschen ja nächstes Jahr, wenn er bei der Bundestagswahl in Rente geschickt worden ist.

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