Deutschland schottet sich ab
Seit den Bundestagswahlen im Februar 2025 hat Deutschland kontinuierlich eine isolationistische Strategie entwickelt. Dieser Ansatz steht im Gegensatz zu der Politik, die Angela Merkel während ihrer Amtszeiten verfolgt hat.

(Mathieu Rampin) – Gleiche Parteien, aber nicht die gleichen Ideen. Vier Jahre liegen zwischen dem Ende der letzten Amtszeit von Angela Merkel als deutsche Bundeskanzlerin und dem Amtsantritt von Friedrich Merz in diesem Amt. Obwohl beide aus der konservativen CDU kommen, sind ihre Positionen nahezu gegensätzlich. Bei den Hauptthemen, die den Wahlkampf im Winter belebt hatten – Einwanderung, Außenpolitik und Wirtschaft – ist die Spaltung klar. Wo Angela Merkel für Integration, Dialog und Sparsamkeit eintrat, plant Friedrich Merz Ausgrenzung, Stärke und Ausgaben. Was den Versuch angeht, die Wirtschaft mit einem großen Investitionsplan anzukurbeln, scheint dies eine gute Sache zu sein. Aber die Hälfte des Geldes soll in die Verteidigung investiert werden.
Deutschland hatte sich seit der Merkel-Ära von den Militärausgaben verabschiedet und glaubte, durch die Europäische Union und vor allem die NATO geschützt zu sein. Auch wenn Donald Trump die europäischen Länder aufgefordert hat, ihre Militärausgaben zu erhöhen, damit die USA nicht aus der NATO austreten (eine Forderung, die er bereits in seiner ersten Amtszeit gestellt hatte), so hat sich die Situation geändert. Der Krieg in der Ukraine war ein Schock, den er ausgelöst hat. Die Zahl 400 Milliarden wirft die Frage auf, warum so viel? Wenn man diese Entscheidung im Zusammenhang mit der Wiedereinführung von Grenzkontrollen im Land sieht, kann man den Eindruck gewinnen, dass Deutschland seinen Nachbarn misstraut.
Die Anreise nach Deutschland mit dem Auto wird immer komplizierter, insbesondere von Straßburg nach Kehl. Während der Hauptverkehrszeiten kommt es manchmal zu mehr als 30 Minuten Stau, wenn man den Rhein überquert.
Der 19. Juni ist für die Deutschen ein Feiertag, Fronleichnam, und da werden diejenigen, die in Frankreich shoppen gehen wollen, „Schengen live“ erleben können, denn Frankreichs Innenminister Bruno Retailleau hat für den gestrigen Mittwoch und den heutigen Donnerstag Grenzkontrollen und Kontrollen an Bahnhöfen, Flughäfen und anderen neuralgischen Punkten angekündigt. Angesichts des Besucheransturms zu einem langen Wochenende mit Kaiserwetter werden dann die deutschen Besucher das erleben, was für die französischen Pendler seit dem Amtsantritt Merz’ Alltag ist – ewige Staus an der Grenze. Kau:m zu glauben, dass erst am letzten Wochenende der 40. Jahrestag des Schengen-Abkommens gefeiert wurde. Wie es wirklich um Schengen aussieht, werden nun auch die deutschen Besucher am eigenen Leib erfahren.
Deutschland, das früher aufgrund seiner geografischen Lage in der Mitte des Kontinents, seiner Wirtschaftskraft und seinem politischen Gewicht eine Führungsrolle in der Europäischen Union innehatte, isoliert sich immer mehr. Berlin versucht heute, stärker zu sein, aber allein. Ob das gutgeht, wird man sehen.
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