Deutschland und Frankreich – ich hatte einen Traum…

Angesichts dessen, was gerade in der Welt passiert, stellt sich die Frage, ob Frankreich und Deutschland mal über etwas anderes als „Wachstum“ sprechen könnten.

Erwischt! Angela Merkel (sichtlich zufrieden) und François Hollande (sichtlich zufrieden) am "Morgen danach"... Foto: Usien / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Ich hatte einen Traum. Einen wunderschönen Traum. Inspiriert wurde dieser Traum sicherlich von Angela Merkels Geste vor dem Elysee-Palast am Sonntag, als sie ausnahmsweise mal nicht die Raute machte, sondern für einen kurzen Moment ihr Köpfchen an die Schulter von François Hollande legte. Hoppla, dachte ich, wenn wir uns so gut verstehen, dann müsste man doch etwas gemeinsam anfangen können!

Die deutsch-französische Zusammenarbeit sollte künftig anders aussehen, als sich dadurch zu manifestieren, dass sich mittlerweile in der Bretagne allen Ernstes ein „Pegida“-Ableger gegründet hat. Positives sollten wir miteinander bewerkstelligen, und genau davon habe ich geträumt.

So träumte ich dann gestern Nacht von einem „deutsch-französischen Bürgerrat“, in dem Menschen sitzen, die keinen Parteien angehören und die gemeinsam beraten, was zwischen beiden Ländern Wichtiges passieren soll. In diesem Traum wurden nicht zweistellige Millionenbeträge in noch ausgefuchstere Überwachungssysteme gesteckt, sondern in gemeinsame Bildungsprogramme und in einen gemeinsamen Arbeitsmarkt. Den gibt es schon, werden Sie jetzt denken und das stimmt. Aber nur deswegen, weil wir im deutsch-französischen Grenzgebiet das ungeheuere Glück haben, über Arbeitsmarkt-Akteure zu verfügen, die dieses Thema ernst nehmen und daher zusammen arbeiten. Doch, und das ist die Kehrseite der Medaille, müssen sie um jeden Cent kämpfen, mit dem sie grenzüberschreitende Projekte organisieren. Vielleicht müssten sie auf ihre Anträge schreiben, dass sie mit dem Geld Hartz IV-Empfänger und andere Arbeitslose lückenlos abhören und überwachen wollen, dann gäbe es sicherlich mehr Geld.

In meinem Traum gab es auch politische Parteien, die in beiden Ländern gemeinsam bei Wahlen antreten und der deutsch-französischen Dimension in Europa ein ganz neues Gewicht gaben. Dieser Teil des Traums hatte sicher mit der Meldung der Gründung einer „Pegida Bretagne“ zu tun, denn das genau will man ja nicht – stattdessen gab es eine pragmatische Bürgerpartei, der sich immer mehr Menschen aus beiden Ländern anschlossen und die Werte vertritt, die Franzosen und Deutschen eigentlich gemeinsam am Herzen liegen müssten.

Der Traum wurde immer schöner – denn in der deutsch-französischen Grenzregion wurde ein echtes „europäisches Laboratorium“ eingerichtet, das nicht nur dazu diente, Lokalpolitiker ab und zu gut aussehen zu lassen, sondern das über eine „Ausnahme-Kommission“ verfügte, die festlegen konnte, für welche zukunftsweisenden Projekte Dinge getan werden können, die rechtlich in dem einen oder anderen Land nicht vorgesehen waren. Wie beispielsweise die problemlose Entsendung von Lehrern ins Nachbarland. Damit es nicht wieder heißt, dass man keinen zweisprachigen Unterricht geben kann, weil die qualifizierten Lehrer fehlen…

Ach, Träume, Träume… in diesem Traum war der Oberrhein tatsächlich eine Region der Innovation, in der nicht nur die geographische Lage zwischen Verwaltungen verwaltet wurde, sondern die Menschen am politischen Leben teilhaben. So saßen in dem Traum gleich mehrere Bürgerinnen und Bürger in den Gremien der Eurodistrikte und beschlossen, gemeinsam mit den Politikern, neue Sozial- und Integrationsprogramme, stellten den Austausch zwischen Verwaltung und Zivilgesellschaft her und läuteten eine neue Zeit zwischen den Säulen der Gesellschaft ein.

Doch als ich heute Morgen aufwachte, war alles anders. Da hatte Angela Merkel schnell wieder ihr Köpfchen von Hollandes Schulter genommen und bekräftigte, dass Frankreich gefälligst die Maastrichter Stabilitätskriterien einzuhalten habe und dass man weiter kräftig sparen müsse, damit das Wachstum endlich käme. In den Chefetagen der EdF lachte man sich über das Ansinnen des Oberrheins kaputt, man möge doch endlich Fessenheim schließen.

Da beschloss ich, mir einfach wieder die Decke über den Kopf zu ziehen und ein wenig weiter zu träumen…

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