Dicht daneben ist auch vorbei…

Die wieder einmal sehr feudale TV-Ansprache des französischen Präsidenten Emmanuel Macron verfehlte einmal mehr ihr Ziel. Statt die Aussöhnung mit den Franzosen zu suchen, versuchte sich Macron dieses Mal als Professor für geistig minderbemittelte Landsleute.

Sollte Macron beabsichtigt haben, sich mit den Franzosen auszusöhnen, dann ist das gründlich daneben gegangen. Foto: ScS EJ

(KL) – Warum sich Präsident Macron selbst eine Frist von 100 Tagen setzt, um die Franzosen mit seiner Person auszusöhnen, das weiβ wohl nur er selbst. Warum er die TV-Ansprache am Montag nicht für ein „Mea Culpa“ nutzte, ist unverständlich und wirft ein Licht des Zweifels auf diesen Präsidenten, der nicht nur jegliche Bodenhaftung, sondern vor allem das Vertrauen der Franzosen verloren hat.

Offensichtlich begreift in Paris niemand, dass die Franzosen von diesem feudalen Gehabe die Nase voll haben. Doch langsam dämmert es ihnen, dass die Wahl dieses Mannes 2017 und seine Wiederwahl 2022 ein riesiger Fehler waren, denn Macron fehlt ebenso wie seiner Regierung das Zeug, um Frankreich zum Wohle der Franzosen zu regieren. Macron will herrschen, doch die Franzosen wünschen sich keinen Herrscher, sondern einen demokratisch agierenden Präsidenten. Doch die Hoffnung, dass Macron in den verbleibenden vier Jahren seiner Amtszeit das Konzept der Demokratie für sich entdeckt, haben die Franzosen bis auf eine Handvoll blind folgender Anhänger inzwischen aufgegeben.

Wenn ein Mann wie Emmanuel Macron, der es geschafft hat, zu seiner heftigst kritisierten Rentenreform das Parlament auszuschalten und den Senat zu einer „blockierten Abstimmung“ zu zwingen, das Wort „Demokratie“ und „Reformen“ in den Mund nimmt, schaudert es die Franzosen. Das werden sie auch am 1. Mai kundtun, wenn die wohl gröβte Demonstration gegen Macron, seine Regierung und diese Rentenreform stattfindet.

Die Geringschätzung, mit der sich Macron an die französische Bevölkerung wendet, ist unglaublich. Dass er nun bei seinen TV-Auftritten auch noch den Jammermodus hinzufügt („ja, glauben Sie, dass mir das Freude macht?“), ist dann nur noch peinlich. Niemand hat diesen Mann gezwungen, das Land seit 5 Jahren in ein unglaubliches Chaos zu stürzen und zuzusehen, wie jedes Wochenende die Hauptstadt und die wichtigen Stâdte des Landes brennen und sich die Lebensbedingungen der Franzosen immer weiter verschlechtern.

Fast möchte man den Franzosen empfehlen, einmal die internationale Presse zu lesen, die inzwischen kein gutes Haar mehr an diesem Präsidenten lässt, dessen amateurhafte Alleingänge auf der Weltbühne inzwischen ähnlich verstörend sind wie die Bilder der Zerstörungen in Paris.

Medien wie die „New York Times“, „La Libre Belgique“ oder „El Païs“, um nur diese zu nennen, wundern sich immer mehr über diesen Präsidenten, wobei es ebenso um Inhalte, wie auch um die Form geht. Ein Präsident, der sich aus seinem Palast im professoralen Ton an seine Mitbürger wendet, die er offenbar für zu dämlich hält, seinen göttlichen Eingebungen zu folgen, das wäre vielleicht vor 50 Jahren noch durchgegangen, aber heute ist das nur noch peinlich.

Für mehrere internationale Zeitungen, wie die italienische „Corriere della Sera“, aber auch die deutsche „Tageszeitung“ und die „Frankfurter Allgemeine“ sind der Ansicht, Emmanuel Macron habe sich „in einem Elfenbeinturm eingeschlossen“ und die „Frankfurter Allgemeine“ kommt sogar zum Schluβ, dass „die Methode Macron gescheitert“ sei.

In den osteuropäischen Medien klingt das sogar noch schärfer. „Macron braucht nicht mehr hier aufzutauchen, um uns Lektionen in Sachen Demokratie zu erteilen“, kann man in Ungarn und Polen lesen. Auch seine höchst seltsamen Einlassungen zum Thema Taiwan verunsichern die westlichen Partner und inzwischen stellen sich nicht nur viele Franzosen die Frage, wie es mit diesem Präsidenten und seiner Regierung weitergehen soll.

Sollte Emmanuel Macron am Montagabend versucht haben, sich mit den Franzosen auszusöhnen, dann ist dieser Versuch kläglich gescheitert. Zwischen Präsident Macron und den Franzosen wird es keine Vertrauensbeziehung mehr geben, denn dieser Präsidenten kann nicht über seinen Schatten springen und er versteht offenbar die Franzosen nicht, ganz zu schweigen davon, dass er seine Landsleute schlicht und ergreifend nicht mag. Doch wenn so vieles einen Präsidenten und das Volk trennt, stellt sich die Frage, warum er nicht einfach zurücktritt. Die Antwort ist ebenso einfach wie beunruhigend: Macron hält sich tatsächlich für eine Mischung aus Kaiser und Gott, für denjenigen, den das Schicksal auserkoren hat, über die Franzosen zu herrschen und ihnen seinen Willen aufzuzwingen. Durch seine autokratische Art hat Macron die Franzosen verloren, doch das hat man in den Pariser Palästen der Macht einfach ausgeblendet. Es kommen ganz schwere Zeiten auf Frankreich zu und es ist wenig beruhigend, dass momentan ein Führungsteam an der Spitze Frankreichs steht, das dieser Situation nicht einmal ansatzweise gewachsen ist.

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