Die bizarre Kommunikation des Kremls

Regierungssprecher Dmitri Peskov dreht die aktuelle Situation in ihr Gegenteil um. Er behauptet, der Westen würde Krieg gegen Russland führen. Dabei gibt es nur einen einzigen Aggressor – Russland.

Der russische Regierungssprecher Dmitri Peskov erzählt bizarre Märchen. Foto: Kremlin.ru / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Fängt die russische Führung jetzt an, ihre eigenen Märchen zu glauben? Russland, das bisher der Ukraine nicht den Krieg erklärt hat, sondern diesen Krieg weiterhin beharrlich eine „Sonderoperation“ nennt, wirft nun dem Westen vor, einen „diplomatischen, wirtschaftlichen und politischen Krieg“ gegen Russland begonnen zu haben. Diese Aussagen befinden sich im intellektuellen Niemandsland zwischen Fake News, krassen Lügen und einer gestörten Wirklichkeitswahrnehmung.

Am 24. Februar 2022 begann die russische Invasion der Ukraine, ein Angriffskrieg, der sich nicht etwa auf die seit 2014 umstrittenen Regionen Luhansk und Donetzk konzentrierte, sondern mit dem Versuch begann, die Hauptstadt Kiew in einem Blitzkrieg einzunehmen, was allerdings kläglich scheiterte. Der russische Vorwand, man wolle den pro-russischen Separatisten im Donbass helfen, war an den Haaren herbeigezogen, was auch daran deutlich wurde, dass bereits in den ersten Kriegstagen Orte wie das westukrainische Lviv, Odessa und die nuklearen Anlagen der Ukraine Ziele der Roten Armee waren.

Eine Bedrohung Russlands hatte es zu keinem Zeitpunkt gegeben, weswegen der russische Vorwurf, der Westen würde einen Krieg gegen Russland führen, geradezu lächerlich erscheinen würde, wäre der Hintergrund nicht so dramatisch. Russland führt Krieg und die Ukraine kämpft, um nicht überrannt zu werden, unterstützt in der Tat von der internationalen Gemeinschaft, wobei Putin nicht mit dieser internationalen Solidarität gerechnet hatte. Doch inzwischen scheint die Situation festgefahren zu sein.

Dabei gibt es immer mehr Grund zur Sorge. Die abtrünnige georgische Region Süd-Ossetien will ein Referendum abhalten, um sich der Russischen Föderation anzuschließen, die Zwischenfälle in Transnistrien häufen sich und deuten darauf hin, dass Moldavien das nächste Ziel der Roten Armee sein könnte, Odessa ist unter Beschuss, ebenso wie der Norden der Ukraine und dass Regierungssprecher Peskov heute davon spricht, dass „jeder Krieg mit einem Frieden endet“, das ist schon arg zynisch.

Allerdings ist die Propaganda auf beiden Seiten ziemlich übel. So sind die „ukrainischen Helden“ des Asow-Regiments nicht etwa Helden, sondern üble ultranationale Elitekämpfer, deren Einbindung in die ukrainischen Streitkräfte Russland immer wieder den Vorwand liefert, in der Ukraine eine „Entnazifizierung“ durchführen zu wollen. Dass sich Russland dabei selbst Nazi-Methoden bedient und selbst islamistische Terror-Kämpfer einsetzt, übersieht Herr Peskov geflissentlich.

Es wäre in der Tat an der Zeit, mit Russland über Frieden und Wege dorthin zu sprechen. Denn auch Russland leidet immer mehr unter der aktuellen Situation und auch Russland wird Jahre und Jahrzehnte brauchen, um die Folgen dieses Kriegs in den Griff zu bekommen. Insbesondere wird es schwierig werden, aus der totalen politischen und wirtschaftlichen Isolation wieder herauszukommen. Man sollte sich Gedanken machen, ob man nicht eine Art Marschall-Plan für die Ukraine und Russland aufsetzt, unter der Voraussetzung, dass Putin die Macht in Moskau abgibt. Doch ist klar, dass wenn auf beiden Seiten weiter die Kriegstrommel gerührt wird, dieser Konflikt im III. Weltkrieg endet, den dann niemand mehr unter Kontrolle haben wird. Und ebenso wie der inzwischen völlig verblasste Außenminister Lawrow, erzählt auch Dmitri Peskov immer mehr Blödsinn, je länger dieser russische Angriffskrieg dauert. Die Zeichen stehen auf alles, aber nicht auf Frieden. Was allerdings nicht bedeutet, dass man nicht alles daran setzen muss, doch noch zum Frieden zu kommen.

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