Die britische Maus, die brüllte…

London droht China und Russland mit „schnellen und robusten Maßnahmen“, sollten britische Interessen von den beiden Ländern bedroht werden. Das dürfte in Peking und Moskau zumindest für Erheiterung sorgen.

Aha. Der britische Geheimdienst will nun helfen, ausländische Spione zu enttarnen... Foto: Employee(s) of MGM / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Hui, da beginnt jetzt aber das große Zittern in Peking und Moskau! Die britische Regierung hat eine neue „Sicherheits-Strategie“ veröffentlicht, in der das vom Brexit und anderen Krisen geschüttelte Vereinte Königreich China und Russland vor der „Bedrohung britischer Interessen“ warnt und für den Fall einer solchen Bedrohung mit „schnellen und robusten Maßnahmen“ droht. Das Säbelrasseln in der Weltpolitik nimmt fast schon erheiternde Züge an, denn diese britische „Warnung“ dürfte in Peking und Moskau eine ähnliche Wirkung haben, wie wenn Malta oder Belgien eine solche Warnung aussprechen würden.

Mit was für „schnellen und robusten“ Maßnahmen will London denn nun China und Russland beeindrucken? Etwa mit der Gründung einer Abteilung „National Protective Security Authority“ innerhalb des berühmten Geheimdiensts MI5? Diese neue Einheit soll Unternehmen und andere Organisationen bei der Enttarnung ausländischer, sprich russischer und chinesischer Spione beraten. Und außerdem will Großbritannien stärker mit Anrainerstaaten des Krisengebiets wie Moldau oder der Mongolei zusammenarbeiten, was diese Länder angesichts des flügelllahmen Vereinten Königreichs mächtig beruhigen wird.

Immerhin, laut der britischen Doktrin stellt China eine „epochale und systemische Herausforderung“ für die britische Regierung dar, doch das Londoner Säbelrasseln wird in China und Russland sicherlich keine allzu großen Sorgen auslösen. Denn dazu fehlt es Großbritannien schlicht an den Möglichkeiten, die beiden Supermächte Russland und China auch nur nerven zu können.

Die neue Sicherheitsdoktrin Londons enthält auch Sätze wie „Ein wesentlicher Teil [der Maßnahmen] besteht darin, die Ukraine dabei zu unterstützen, ihre Souveränität wiederherzustellen, und Russland jeglichen strategischen Nutzen aus seiner Invasion zu verweigern“. Das klingt nach Pfeifen im Keller, zumal an keiner Stelle konkret benannt wird, wie die Briten denn nun China und Russland politisch und wirtschaftlich das Fürchten lehren wollen.

Seit dem Brexit geht es in Großbritannien rapide bergab und das Land ist nicht einmal mehr in der Lage, seine innenpolitischen Probleme auf die Reihe zu bekommen – da sind die Drohgebärden gegenüber China und Russland fast schon lächerlich.

Einmal mehr zeigt sich, dass der Verzicht auf eine europäische Strategie gegenüber China und Russland ein riesiger Fehler ist. Doch wenn ein Land wie Großbritannien, wo man sich weigert zu erkennen, dass man keine Weltmacht mehr ist, solche Drohungen und Warnungen ausspricht und mit einer solchen neuen Doktrin an den Start geht, wenn weiterhin jedes europäische Land alleine versucht, irgendeine hilflose Position gegenüber China und Russland zu entwickeln, dann erkennt man, dass Europa in den aktuellen Weltkonflikten keine Rolle mehr spielt.

Die westliche Vorstellung, man könne die BRICS-Staaten und in erster Linie China und Russland unter Druck setzen, ist vermessen. Noch vor dem russischen Überfall auf die Ukraine hatten Peking und Moskau eine „grenzenlose Partnerschaft“ vereinbart und unter anderem das größte Industrieprojekt der Menschheitsgeschichte auf den Weg gebracht – Energie-Pipelines von Russland nach China in einem Wert von über 400 Milliarden Dollar. Die Idee, dass nun Großbritanniens „Warnung“ in Peking und Moskau mehr als ein Lachen auslöst, zeigt nur die Selbstüberschätzung des Westens, der immer noch nicht erkennt, dass auf der Gegenseite eine ganz andere Macht am Werk ist.

Natürlich gehört Säbelrasseln zum Kriegsgeschäft. Doch wer Drohungen ausspricht, der sollte auch etwas in der Hinterhand haben, um seine Drohungen unter Umständen umsetzen zu können. Und das ist in Großbritannien definitiv nicht der Fall. Aber am Ende ist es wie bei der Pandemie – die Weigerung der europäischen Staaten (inklusive Großbritannien) eine europäische Strategie aufzusetzen, ist ein Fehler, der noch sehr teuer werden wird.

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