Die CDU taumelt in die Post-Merkel-Ära

Die CDU/CSU manövriert sich gerade rund um die Frage der Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl in eine katastrophale Lage. Laschet oder Söder? Zwei Kandidaten für einen Sessel…

Auch Angela Merkel kann die Zahlen lesen, nach denen Markus Söder in den Umfragen weit vorne liegt. Foto: European People's Party / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Die Diskussionen um die Kanzler-Kandidatur der CDU/CSU nimmt pathetische Züge an. Das Armdrücken zwischen dem CDU-Chef Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und CSU-Chef Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern, ist ein unwürdiges Schauspiel, das am Ende viele Stimmen kosten könnte. Dabei fällt auf, dass es der CDU offenbar wichtiger ist, den eigenen Parteiapparat zu streicheln, statt auf die Wählerinnen und Wähler zu hören.

In allen Umfragen zum Thema liegt der Bayer Markus Söder um Längen vor Armin Laschet, der in der Corona-Krise bislang eine ziemlich schlechte Figur abgibt. Die Zahlen: Nach einer Umfrage von “ARD Deutschlandtrend” sprechen sich 72 % der CDU-Wähler für Markus Söder aus, während nur 17 % Armin Laschet für den geeigneteren Kandidaten halten. Bundesweit würden sich 44 % einen Kanzler Söder wünschen, nur 15 % einen Kanzler Armin Laschet. Doch offenbar ist es der CDU egal, was die Menschen im Land und selbst ihre eigenen Wähler wollen – ihr geht es wohl nur darum, sich als die Mutterpartei gegenüber der CSU darzustellen. Nur – einen unbeliebten Kandidaten aufstellen, der in den Umfragen unter „ferner liefen“ geführt wird und dafür den Kandidaten ausschalten, der parteiübergreifend in den Umfragen führt, das ist eine Instinktlosigkeit gegenüber der Bevölkerung. Wie kann sich eine Volkspartei über den Umstand hinwegsetzen, dass die Menschen im Land den Kandidaten Laschet schlicht und ergreifend nicht im Kanzleramt sehen wollen, dafür aber der Kandidat Söder sogar Stimmen aus anderen politischen Lagern erhalten würde? Ist das neue Ziel der CDU, zum Juniorpartner in einer Koalition mit den Grünen zu werden?

Gebracht hat die bisherige Diskussion um den Kanzlerkandidaten der CDU/CSU vor allem eines – eine tiefe Spaltung der beiden verschwisterten Parteien. Mehrere Ministerpräsidenten haben bereits darauf hingewiesen, dass es vielleicht nicht falsch wäre, auf die Umfragewerte zu schauen und nicht unbedingt den unbeliebtesten Kandidaten aufzustellen, sondern den beliebtesten. Doch dieses eigentlich logische Vorgehen könnte an den verkrusteten Strukturen der Parteiapparate scheitern.

Der Abschied von Angela Merkel wird wohl sehr weitreichende Folgen für CDU und CSU haben. Die Kanzlerin, die fast zwei Jahrzehnte lang so etwas wie der „Fels in der Brandung“ war, fehlt bereits heute an allen Ecken und Enden. Allerdings muss sie sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie, seit sie im Amt ist, alle potentiellen Nachfolger ziemlich rabiat aus dem Weg geräumt hat. Dabei hätte sie einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin aufbauen und selbst für einen reibungslosen Übergang sorgen müssen. Der einzige Versuch in dieser Richtung war die kurzfristige Ernennung der „Kronprinzessin“ Annegret kramp-Karrenbauer, die Merkel viel zu früh nach Berlin holte, wo die potentielle Nachfolgerin innerhalb eines Jahres vom gnadenlosen Berliner Politikbetrieb aufgerieben wurde. Und so steht die CDU ohne Spitzenkräfte da.

Armin Laschet, das ist der Olaf Scholz der CDU. Farblos, charisma-frei, ein Verwalter, der speziell in der aktuellen Pandemie zeigt, dass er nicht einmal Visionen für die politische Zukunft seines Bundeslands hat. Insofern ist der einzige Umstand, der für Laschet sprechen könnte, dass er eben CDU-Parteichef ist. Das mag zwar die Herren Laschet und Merz interessieren, den Wählerinnen und Wählern ist das ziemlich egal. Markus Söder hingegen hat in der Pandemie eher eine Bella Figura abgegeben, ruhig und überlegt agiert (wenn er auch nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen hat, aber wer hat das schon…) und monatelang Punkte gesammelt. Kein Wunder, dass Söder nach den Ministerpräsidenten-Konferenzen regelmäßig neben Angela Merkel saß, dort, wo man eigentlich eher Armin Laschet erwartet hätte. Bedeutet das etwa, dass Angela Merkel eher zum CSU-Chef als ihrem eigenen Parteichef neigen würde?

Ein Gespräch zwischen Laschet und Söder am Wochenende, das eigentlich ein Ergebnis bringen sollte, endete im Nichts. Die Situation ist klar – es gibt einen einzigen Platz als Spitzenkandidat zu vergeben. Für diesen Platz kann es keine Kompromisse geben, es heißt „entweder-oder“. Es sei denn, dass es sich Angela Merkel noch einmal überlegt und doch für eine fünfte Amtszeit antritt. Das scheint zwar ausgeschlossen, könnte aber der einzige Weg sein, die CDU vor einem echten Absturz zu bewahren.

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