Die deutsche Politik reagiert – irgendwie deutsch…

Angesichts der Schulstreiks für den Klimaschutz reagiert die deutsche Politik irritiert und sehr deutsch. Und weil die jungen Leute mit ihrer Kritik Recht haben, versucht man nun, sie zu diskreditieren.

Wo die jungen Leute Recht haben, haben sie Recht... Foto: Fyrtaarn / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – „Den Klimaschutz“, riet FDP-Chef Christian Lindner den jungen Demonstranten, die Freitag für Freitag gegen die Zerstörung dieses Planeten demonstrieren, „solltet ihr dann doch den Profis überlassen…“ – Antwort der jungen Leute auf einem Demo-Plakat, auf dem das Gesicht von Lindner zu sehen war: „Wegen Vollprofis wie dir stehen wir hier!“. Die von der Schwedin Greta Thunberg gestartete weltweite Protestbewegung der Schülerinnen und Schüler irritiert und stört und die deutsche Politik ereifert sich, dass es unerhört sei, dass diese jungen Menschen freitags die Schule schwänzen.

Die TV-Runden sind inzwischen voll von selbsternannten Jugendverstehern um die 60, die gereizt fragen, warum denn diese jungen Leute bitteschön keine konkreten Vorschläge machen, wie es weitergehen soll. Ernsthaft? Na, weil es nicht deren Aufgabe ist! Diese jungen Leute sagen gerade den älteren Generationen, dass es nicht sein kann, dass diese den Planeten zerstören, um die Gier von Aktionären nach höheren Dividenden zu befriedigen. Diese Aussage ist richtig und wertvoll und da die erwachsenen Generationen diesen Umstand offenbar klaglos hinnehmen, weisen eben die Jugendlichen lautstark darauf hin. Es ist nicht die Aufgabe von 15-, 16- und 17-Jährigen, wissenschaftliche Konzepte zur Rettung des Klimas und der Umwelt vorzulegen – das wäre eigentlich die Aufgabe der Erwachsenen, die seit Jahrzehnten genau das Gegenteil tut.

Natürlich ist es unangenehm für die Erwachsenen, wenn ihnen die Kinder so knallhart die Wahrheit ins Gesicht klatschen. Und sich dabei über Konzepte wie „Schulpflicht“ hinwegsetzen, um gehört zu werden. Und ganz offenbar haben sie völlig Recht mit ihrer Aktionsweise – denn die Welt nimmt sie wahr, hört sie und hat einen Prozess der Diskussion und des Nachdenkens begonnen. Hätten die Schülerinnen und Schüler, so, wie es vielen Politikern gefallen würde, ihre Proteste am Samstagnachmittag auf dem Schulhof organisiert, würde sich niemand aufregen. Allerdings würde auch niemand über die Forderung der jungen Leute sprechen, sofort alles zu tun, um die zerstörerische Klimaerwärmung zu stoppen.

Im Grunde müsste sich jeder über 30 in Grund und Boden schämen. Warum protestieren WIR nicht seit Jahren mit Nachdruck dafür, dass unsere Welt nicht dem „Shareholder Value“ geopfert wird? Warum sorgen WIR nicht dafür, dass die Kinder von heute auch morgen als Erwachsene in einer lebenswerten Welt leben? Warum gebieten WIR nicht diesem Wildwest-Kapitalismus Einhalt, in dessen Namen die Umwelt vergiftet wird? Wir tun dies nicht, weil es viel bequemer ist, es nicht zu tun. Und deswegen sollten wir aufhören, diese Jugend zu kritisieren, die für den Erhalt des Planeten kämpft und gegen den kalt-zynischen Kapitalismus ihrer Eltern rebelliert.

Diese Jugend mit Sanktionen wegen Schulschwänzen zu belegen, weil sie für ein richtiges Anliegen auf die Straße geht, ist lächerlich und zeigt eigentlich nur einen Generationskonflikt auf. Diese Jugend verdient es, unterstützt und nicht etwa bestraft zu werden. Diejenigen, die unsere Erwachsenengeneration eigentlich bestrafen müsste, für diejenigen werden wir alle brav am 26. Mai bei der Europawahl stimmen, weil wir inzwischen so träge geworden sind, dass wir uns nicht einmal mehr die Mühe machen zu schauen, welche Partei die besten europäischen Konzepte vertritt. Das Problem dieses Planeten sind nicht etwa Jugendliche, die freitags demonstrieren statt Mathe zu pauken, das Problem sind die Erwachsenen, die seit Jahren und Jahrzehnten tatenlos zuschauen, wie dieser Planet zerstört wird. Unter der wohlwollenden Aufsicht von Vollprofis wie Christian Lindner.

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