Die „entscheidende Woche“ – That’s all, Folks…

Wenn es darum geht, die griechische Regierung in die Knie zu zwingen, um den Großbanken gefällig zu sein, haben die EU-Politiker dann doch wieder jede Menge Zeit.

Nein - Griechenland darf nicht in die Drachme zurück getrieben werden - das wäre das Ende des Traums des "Europa der Menschen". Foto: cbg / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Es muss schon ganz schön unangenehm sein, im Sommer 2015 Mitglied der griechischen Regierung zu sein. Denn der Versuch, das Land vor der drohenden Insolvenz wegen der Schulden zu retten, die konservative Vorgängerregierungen mit fast unbegrenztem Kredit für Rüstungs- und andere Geschäfte auf den internationalen Finanzmärkten aufgenommen haben, ist ein steiniger Weg. Trotz aller Beteuerungen seitens der EU-Oberen, dass man alles tun wolle, um Griechenland zu retten und in der Euro-Zone zu halten, sträuben sie sich mit allem, was sie haben. Denn ein Erfolg einer radikal an den Menschen statt an den Finanzmärkten orientierten Regierung wäre das Schlimmste, was den liberalen Regierungen in Europa passieren könnte – das wäre nämlich der Beweis, dass Politik auch anders geht. Und das müssen Merkel, Hollande, Cameron und die anderen um jeden Preis verhindern. Das ist – alternativlos.

Laut SPIEGEL ONLINE hat die Bundeskanzlerin nach den fruchtlosen Gesprächen in dieser Woche nun eine neue Deadline festgelegt. Bis zum Montag soll die Lage geklärt sein – nicht etwa, weil am Dienstag die nächste Zahlung Griechenlands an den IWF fällig ist, nicht etwa, um Griechenland zu retten, sondern damit zur Börseneröffnung am Montagmorgen „keine Unruhe herrscht“. Millionen Griechen eine lebenswerte Perspektive aufzuzeigen ist also weniger wichtig, als den pickelgesichtigen Zockern an den internationalen Börsen nicht den Montagmorgenstarbuckskaffee zu vergällen. Wer weiß, wie die armen Spekulanten reagieren, wenn sie am Montagmorgen mit „Unruhe“ umzugehen haben. Es reicht doch schon, dass die Griechen in permanenter Unruhe leben.

Die Woche in Brüssel und Luxemburg war ein Lehrstück, wie Europa nicht sein sollte, aber leider ist. Erbsen zählende Technokraten, die sich nicht im Entferntesten die Sorgen und Nöte der einfachen Menschen in Griechenland vorstellen können, streiten sich um Zehntelprozentpunkte in Sandkastenstrategien, von denen bisher noch nicht eine funktioniert hat. Angesichts des totalen Misserfolgs aller bisherigen Maßnahmen und Vorgaben der Troika könnte man ja auch mal auf die Idee kommen, ob das, was sich die EU-Chefs in Brüssel so ausdenken, wirklich der Weisheit letzter Schluss ist. Denn wäre er es, würde es ja auch positive Ergebnisse geben – doch die gibt es nicht.

Statt nun pragmatisch und lösungsorientiert zu arbeiten, spielt die EU auf Zeit. Am wichtigsten ist, dass man Tsipras am Montag mit einem Angebot nach Hause schickt, das seine Regierungsmehrheit im griechischen Parlament nicht annehmen kann – denn dann könnte es Neuwahlen geben und die Hoffnung der EU-Chefs ist natürlich, dass dann wieder der gute alte Samaras zurückkommt, mit dem man so prima Geschäfte machen konnte und der die Welt nicht mit so hirnrissigen Vorstellungen wie „Politik für Menschen“ nervt.

Nach wie vor scheint es kaum jemanden zu interessieren, wie es den Griechen geht. Nicht den superreichen Reedern, von denen man einige am letzten Wochenende auf der ART Basel sehen konnte, wie sie ihre sauer verdienten Kröten in Kunst, teueren Uhren und kleinen Edelsteinen parkten – um die muss sich niemand Sorgen machen. Doch was machen unsere EU-Helden, wenn es wirklich zu Neuwahlen in Griechenland kommt und die Syriza nicht nur knapp, sondern erdrutschartig gewinnt? Einer der zahllosen Fehler, den die EU im Fall Griechenland macht, ist es zu glauben, dass die Griechen in einem Anfall geistiger Umnachtung für die Syriza gestimmt hätten – doch das haben sie nicht. Die Griechen, wie im Übrigen auch die Spanier, haben einfach keine Lust mehr auf den ewig alten Wechsel zwischen inzwischen konservativen Sozialdemokraten und inzwischen sozialdemokratischen Konservativen, die alle zusammen unsere Länder an die Wand fahren. In Griechenland und Spanien merkt man, dass sich die Welt so, wie sie sich die Merkels, Schäubles und Hollandes schön denken, einfach nicht mehr dreht.

Und wenn sich alle auf den Kopf stellen – nur ein Schuldenschnitt und ein kollegiales Aufbauprogramm für Griechenland kann Europa retten. Das wäre immer noch möglich, doch müssten die Verantwortlichen dies auch wollen. So, wie es aussieht, wollen sie das aber gar nicht – vermutlich, weil die Großbanken das nicht wollen. So bleibt das „Europa der Menschen“ ein Traum und der Albtraum des „Europas der Finanzmärkte“ geht munter weiter. So lange, bis der Widerstand militanter wird. Und das wird vermutlich nicht mehr allzu lange dauern.

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