Die Europäische Union zieht sich in ihr Schneckenhaus zurück

Eine neue multinationale Grenzschutztruppe namens „European Border Guard System“ soll bis Ende des Jahres die Außengrenzen der EU abschotten.

Glaubt die EU ernsthaft, sich angesichts der Weltkrisen in ihr kleines Schneckenhaus zurückziehen zu können? Foto: Vanessa Lillipop / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Die EU macht genau da weiter, wo sie gerade dabei ist zu scheitern. Statt sich endlich wirksam um die Bekämpfung der Ursachen der aktuellen Migrationswelle zu kümmern, will sie sich weiter einigeln. Obwohl die EU eigentlich wissen müsste, dass das ohnehin nicht funktioniert. Das sieht dann doch mächtig nach einem Kotau vor den Ausländerfeinden Europas aus – blinder Aktionismus, dessen Wirkung bezweifelt werden darf.

Wie bereits im Laufe der Woche bekannt wurde, beginnt als allererstes der „Krieg gegen die Schlepper“ im Mittelmeer. Über 900 deutsche Marinesoldaten sollen künftig im Mittelmeer Schlepperboote aufbringen, zum Umdrehen bewegen und notfalls auch versenken. Blöd ist dabei nur, dass Schlepperboote per Definition nicht ohne Flüchtlinge an Bord durchs Mittelmeer schippern, was die Frage aufwirft, ob diese Schlepperschiffe dann mitsamt der an Bord befindlichen Flüchtlinge versenkt werden sollen?

Und auch der Plan der Einrichtung dieser neuen multinationalen Grenzschutztruppe klingt netter, als er das am Ende wirklich ist. Natürlich klingt das nach „gemeinsam“ und „europäischer Anstrengung“, doch könnte es hilfreich sein, diese Frage auch einmal realistisch zu betrachten. Solange die Gründe für die Flucht Hunderttausender Menschen nicht wegfallen, werden diese logischerweise weiterhin flüchten. Jemand, der um sein Leben und das seiner Familie kämpft, wird nicht resignierend in einer Kriegssituation ausharren, nur weil ein paar Beamte in Brüssel entschieden haben, Grenzkontrollen mit Grenzern aus verschiedenen Ländern einzurichten. Und sie werden auch weiterhin die Dienste von Schleppern in Anspruch nehmen, deren Geschäft mit jeder der hilflosen Maßnahmen der EU lukrativer wird.

Wenn man sich nun die EU-Außengrenzen anschaut, dann stellt man fest, dass es eben einfach nicht möglich ist, einen großen Zaun rund um Europa herum zu bauen, damit wir das Elend dieser Welt nicht allzu nah mitbekommen. Meeresgrenzen, grüne Grenzen – überall kommt man durch, wenn man es dann wirklich will. Und dass Menschen auf der Flucht bereit sind, so ziemlich jedes Risiko auf sich zu nehmen, um eine sichere Destination zu erreichen, das sollte Europa in den letzten Wochen und Monaten eigentlich mitbekommen haben.

Seltsam ist, dass keiner der Vorschläge, endlich einen sicheren und legalen „Korridor“ nach Europa einzurichten, bei den Brüsseler Beamten eine wie auch immer geartete Rolle zu spielen scheint. Dabei wer dies die einzige Möglichkeit, das perfide Geschäft krimineller Schlepperbanden einzudämmen und zu verhindern, dass weiterhin Tausende Flüchtlinge auf dem Grund des Mittelmeers ein schreckliches Grab finden. Doch das Konzept „Repression statt sinnvoller Koordination“ wird keine Früchte tragen. Es handelt sich lediglich um den hilfs- und vermutlich wirkungslosen Versuch, die Symptome von Krisen zu bekämpfen und auch nur die, mit denen wir uns selbst auseinandersetzen müssen. Da aber die Ursachen für diese Krise nicht bekämpft werden, wird sich auch an der Symptomatik höchstens marginal etwas verändern.

Das nun geplante „European Border Guard System“ ist eine hübsche, weil publikumswirksame Idee, mit der den Europäerinnen und Europäern suggeriert werden soll, dass man aktiv ist und etwas tut. Nur leider nicht das Richtige.

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