Die europäischen Grünen pokern mit dem Schicksal der Flüchtlinge

Mit dem Vorschlag der europäischen Grünen, das Europäische Parlament in Straßburg in ein Flüchtlingsheim umzuwandeln, reiten sie die nächste Attacke gegen den Parlamentssitz. Billig und zynisch.

Daniel Cohn-Bendit sollte seine Rente genießen, statt sich am zynischen Poker der europäischen Grünen auf dem Rücken der Flüchtlinge zu beteiligen. Foto: Eurojournalist(e)

(KL) – Das könnte dem Chef der europäischen Grünen, dem Belgier Philippe Lamberts so passen – er hat den Vorschlag gemacht, man solle doch das Parlamentsgebäude in Straßburg in ein Flüchtlingsheim umwandeln. Dieser höchst zynische und berechnende Vorschlag des Belgiers fand gleich lautstarke Unterstützung von einem, der eigentlich der Politik schon den Rücken gekehrt hat, aber keine Gelegenheit auslässt, gegen den Sitz des Parlaments in Straßburg vorzugehen – Daniel Cohn-Bendit, der besser seine Rente genießen sollte, statt sich zum Sprachrohr der taktischen Spielchen seines belgischen und damit natürlich nicht unparteiischen Parteifreunds zu machen.

„Wir arbeiten weniger als 50 Tage im Jahr in Straßburg“, sagte der Belgier Lamberts, „und an den übrigen 300 Tagen stehen die 750 Abgeordnetenbüros, die mit Duschkabinen ausgestattet und beheizt sind, einfach nur leer. Daher schlagen wir vor, diese Räume, die perfekt ausgestattet sind, vorübergehend Flüchtlingen als Notaufnahme zur Verfügung zu stellen. So lange können alle Plenarsitzungen in Brüssel stattfinden.“ Und das ist der Gipfel einer zynischen, belgischen Taktik, der wohl kein Thema zu schade ist, um zu versuchen, daraus Profit für die belgische Hauptstadt zu schlagen.

Warum schlägt Lamberts denn nicht vor, dass Belgien, das sich bislang keineswegs bei der Aufnahme von Flüchtlingen hervorgetan hat, das Parlament in Brüssel zu einem Wohnheim für Flüchtlinge umetikettiert? Der Versuch, mit einem scheinbar humanitären Vorschlag einen Status Quo zu schaffen, mit dem Brüssel faktisch der alleinige Sitz des Europäischen Parlaments wird, ist absolut unanständig. Ebenso unanständig wie das Interview, das Daniel Cohn-Bendit gestern auf Europe 1 gab und bei dem er in die gleiche Kerbe schlug. Es ist bekannt, dass Herr Cohn-Bendit, besonders kurz vor Erreichen des Rentenalters, die Reisen zwischen Brüssel und Straßburg als beschwerlich und lästig empfand. Doch das ist noch lange keine Entschuldigung dafür, ausgerechnet das tragische Schicksal der Flüchtlinge zu nutzen, um das Brüsseler Süppchen zu kochen.

Man sollte sich momentan auf europäische Lösungen für die Flüchtlingsthematik konzentrieren und dabei vermeiden, kleinkarierte und egoistische Strategien zu verfolgen. Die Debatte um den Parlamentssitz, der in Straßburg deutlich besser aufgehoben ist als im vom Lobbys verseuchten und ständig am Rand der institutionellen Korruption balancierenden Brüssel, hat bei der Frage der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen nichts verloren. Im Sinne einer demokratischen Gewaltenteilung ist es allemal besser, wenn die einzig demokratische Vertretung der Völker Europas nicht im Hinterhof von Kommission, Europäischem Rat und den 20.000 Lobbyisten untergebracht wird und die beste Lösung für diese Frage ist in der Tat der „Single Seat“ – allerdings nicht in Brüssel, sondern in Straßburg. Doch wie gesagt, diese Debatte hat nichts, aber auch gar nichts mit der Flüchtlingsthematik zu tun.

Philippe Lambert sollte sich lieber dafür stark machen, dass sein Heimatland Belgien mehr Hilfs- und Aufnahmebereitschaft an den Tag legt, als das bisher der Fall war und Daniel Cohn-Bendit sollte endlich das tun, was er schon lange angekündigt hat – sich um die Berichterstattung seines Lieblingsvereins Eintracht Frankfurt zu kümmern. Zum Beispiel mit einer Initiative, rechtsextreme Hooligans aus dem Frankfurter Stadion zu entfernen.

2 Kommentare zu Die europäischen Grünen pokern mit dem Schicksal der Flüchtlinge

  1. Ich teile nicht immer Ihre Meinung zu gewissen Themen, aber da stimme ich Ihnen zu 100 Prozent zu!

  2. Vielen Dank für den Kommentar. Man muss auch nicht immer einer Meinung sein, wichtig ist es, dass man im Gespräch ist und respektvoll miteinander diskutieren kann. Dass wir hier einer Meinung sind, freut mich aber natürlich!

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