Die gleiche Propaganda

Die russische und die westliche Propaganda ähneln sich stark. Doch am Ende sind es wieder die Gleichen, die für diesen Krieg bezahlen müssen.

Adrenalin pur zu Beginn aller Kriege, bis die ernüchternde Realität einsetzt. Foto: Bundesarchiv, Bild 146II-740 / Tellgmann, Oscar / Wikimedia Commons / CC-BY-SA

(KL) – Es lohnt sich, die russische und die westliche Propaganda miteinander zu vergleichen um festzustellen, dass die Herrschenden auf allen Seiten ihren Landsleuten genau das erzählen, was sie glauben machen wollen. Mit „Wahrheit“ hat das alles nichts mehr zu tun, es geht in der Propaganda nur um eines: psychologische Kriegsführung.

In Russland und im Westen lautet die Kommunikation, dass man diesen Krieg gewinnen wird und selbst die Argumente für diese Aussage sind die gleichen. Man hat die bessere Armee, die bessere Moral, die größeren Erfolge, man kämpft für die gute Sache, die anderen haben keine Chance. Das erzählt die Putin-Administration ihren Landsleuten und unsere Regierungen uns. Selbst die Details, die berichtet werden, sind die gleichen, nur eben mit anderen Texten. Als das Verwaltungsgebäude in Charkiw von einer Rakete getroffen wurde, berichteten beide Seiten darüber – der Westen über den Raketenbeschuss der Roten Armee, die Russen über eine angebliche „Fake News“, da die Rakete aus einer Richtung abgefeuert worden sei, wo die Rote Armee gar nicht stünde. Und so bedient jede Seite ihre Bevölkerung mit den Manipulationen, mit denen man meint, seine eigene Position zu verbessern. In der Zwischenzeit sterben Zivilisten und Soldaten.

Und jede Seite nimmt für sich in Anspruch, ein „Recht“ auf diese Manipulationen zu haben, denn schließlich kämpft man ja selbst für eine „gute und gerechte“ Sache, weswegen alle Mittel Recht sind, auch Lügen in der Propaganda, die auch nur noch eine Waffe mehr in diesem blutigen Bruderkampf ist.

Doch wer muss diesen ganzen Mist ausbaden? Wie bei jedem Krieg sind es nicht diejenigen, die ihn anzetteln, sondern diejenigen, die ihn erleiden, die ihr Leben, Angehörige, Freunde, Heimat, ihre bisherige Existenz verlieren. Das menschliche Leid von Millionen Menschen befeuert aber einerseits die kranken Machtphantasien der einen und die Rüstungsindustrie auf beiden Seiten. Und während die Menschen angsterfüllt in den Schächten der Kiewer Metro zusammengekauert auf den nächsten Tag warten, sitzen die Verantwortlichen in ihren Palästen und tafeln bei Kaviar und Schampus und überlegen, was sie als nächste Gemeinheit starten könnten.

Nach zwei Weltkriegen mit insgesamt über 100 Millionen Opfern haben wir immer noch nicht gelernt, dass Kriege nur dann stattfinden können, wenn Menschen die kranken Befehle kranker Staatenlenker befolgen? Damit die Menschen das tun, benutzt man die Propaganda und die funktioniert ebenso gut wie 1914 und 1939.

Die Propaganda auf beiden Seiten ist inzwischen so laut, dass man Rufe nach sofortigem Frieden kaum noch hört. Man sollte sich aber an die Bilder erinnern, die in unseren Geschichtsbüchern zu sehen sind, von Soldaten beim Aufbruch an die Front, in trunkener Siegesvorfreude, im Gefühl, dass alles nicht so lange dauern würde und der „Feind“ keine Chance hätte. Bei beiden Weltkriegen im letzten Jahrhundert ähnelten sich die Bilder, in beiden Weltkriegen starben Millionen Menschen einen elendigen Tod. Die „Helden“, die wir in Kriegen bejubeln, sind nichts anderes als exponierte Opfer der ersten Reihe, die für die Interessen einer Handvoll Verbrecher abgeschlachtet werden. Nein, es ist nicht süß und ehrenvoll für sein Vaterland zu sterben, es ist leidvoll, schmutzig und grausam. Doch in der sich immer weiter ausbreitenden Kriegsbegeisterung wird man sich daran wohl erst in ein paar Jahren erinnern, wenn wieder Millionen Opfer zu beklagen sind und sich die Welt erneut fragt, wie es eigentlich so weit kommen konnte.

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