Die „Korea-Lösung“ für die Ukraine?
Langsam beginnt die Welt zu verstehen, dass die Ukraine den russischen Angriffskrieg militärisch nicht gewinnen kann. Also muss er anders beendet werden.

(KL) – Mehr als zweieinhalb Jahre nach der russischen Invasion in der Ukraine gerät das angegriffene Land immer weiter ins Hintertreffen. Die russische Armee rückt in der Ostukraine immer weiter vor, die Verteidigung der Ukraine wird immer schwieriger, da es an allem fehlt: Soldaten, Waffen, Infrastruktur. Und so werden die Stimmen, die ein Verhandlungsende dieses Kriegs fordern, immer lauter. Da nützt es wenig, dass der ukrainische Präsident völlig unrealistische „Siegespläne“ durch die Welt trägt, dass er den Westen mit der Forderung nach dem III. Weltkrieg konfrontiert und dass er nach wie vor davon überzeugt ist, dass dieser Krieg vorbei sein wird, wenn der letzte russische Soldat ukrainisches Territorium verlassen hat. Denn das wird so schnell nicht passieren.
Es liegen inzwischen mehrere Friedenspläne auf dem Tisch, die alle vorsehen, dass die Ukraine auf einige Regionen, die fest in russischer Hand sind, zumindest temporär verzichten muss. Russland hat diese Regionen annektiert, zu seinem Eigentum erklärt und dafür hat Putin seinen völkerrechtswidrigen Krieg auch angezettelt.
Allerdings kann man die Lage nicht so beurteilen wie der belarussische Diktator Lukaschenko, der ein „Unentschieden“ zwischen Russland und der Ukraine anregte, was sofort heftige Kritik von Russlands Außenminister Sergeij Lawrow zur Folge hatte – Russland würde sich auf nichts einlassen, so lange es seine „Ziele“ nicht erreicht habe. Der Selenskyi-Traum von einem „gerechten Frieden“ ist auf jeden Fall ausgeträumt, zumal noch nie ein Krieg mit einem „gerechten Frieden“ zu den Bedingungen des Besiegten beendet wurde. Doch so ist das in Kriegen – die Bedingungen für das Ende der Kampfhandlungen werden nicht vom Verlierer diktiert, sondern vom Gewinner. Und das ist, so sehr man das auch bedauert, Russland.
Hier kommt der Vorschlag der „Korea-Lösung“ ins Spiel. Zwischen Nord- und Südkorea wurde nie ein Friedensvertrag geschlossen, sondern es herrscht eine Art dauerhafter Waffenstillstand. Dies könnte ermöglichen, wie auch im chinesisch-brasilianischen und im italienischen Friedensplan vorgesehen, die Front „einzufrieren“, einen Waffenstillstand zu vereinbaren, der durch eine „Pufferzone“ gesichert werden könnte, ohne dass die Ukraine dabei den Verzicht auf die annektierten Regionen erklären müsste. Das wiederum würde bedeuten, dass zu einem späteren Zeitpunkt, wenn sich die politischen Verhältnisse in Russland ändern, das Thema erneut verhandelt werden könnte.
Doch all die Friedenspläne, die es bislang gibt, sind von beiden Seiten abgelehnt worden. Dass Selenskyi als Antwort auf „Friedenspläne“ seinen unrealistischen „Siegesplan“ präsentiert hat, der mehr oder weniger vorsieht, dass die NATO mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln im Rahmen einer Mega-Eskalation Russland besiegen darf, war nicht besonders geschickt, ebenso wenig wie der Umstand, dass Geberkonferenzen für die Ukraine inzwischen als „Friedensgipfel“ verkauft werden, obwohl es bei diesen Konferenzen um vieles geht, nur nicht um Frieden.
Die Welt muss nun auf beide Seiten massiv Druck ausüben, damit diese die Initiativen zur Beendigung dieses Kriegs ernstnehmen und umsetzen, denn lange wird die Welt nicht mehr in der Lage sein, beide Kriegsparteien zu finanzieren und später noch den Wiederaufbau der Ukraine.
Dass die Ukraine zumindest für einen langen Zeitraum auf rund 20 % ihres Territoriums im völlig zerstörten Osten des Landes verzichten muss, ist natürlich ein schwer zu schluckender Brocken, doch entspricht dieser Brocken leider den Realitäten vor Ort. Diese Regionen sind besetzt, annektiert, inzwischen unter russischer Verwaltung und die Vorstellung, dass Putin plötzlich menschlich wird, sich für seine Invasion entschuldigt und seine Truppen abzieht, das ist selbst als modernes Märchen zu abenteuerlich.
Die „Korea-Lösung“ würde zwar hohe Anforderungen an den Westen und die NATO stellen, denn diese Pufferzone müsste so gesichert werden, dass dort keine Kämpfe mehr stattfinden, doch wäre eine solche Investion sinnvoller als all die Milliarden und Waffen, deren einziger Zweck ist, die Jugend und die Zivilbevölkerung von zwei Ländern abzuschlachten.
Seit 1945 wiederholen die Politiker an jedem 8. Mai, dem Jahrestag der deutschen Kapitulation, den Satz „Krieg kann nie eine Lösung sein!“. Diesen Satz hört man zwar heute nicht mehr, aber er hat nicht von seinem Wahrheitsgehalt verloren. Eines ist klar – dieser Krieg kann nicht noch einmal zweieinhalb Jahre dauern, er darf nicht in den III. Weltkrieg eskalieren und irgendwann wird man die Realitäten in der Ostukraine wahrnehmen müssen – einen ukrainischen „Sieg“ wird es dort nicht geben. Auf dieser Grundlage muss man überlegen, wie man diesen Krieg und das Töten so schnell wie möglich stoppt. Es würde sich lohnen, wenigstens über die „Korea-Lösung“ nachzudenken und zu sprechen.
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