Die Lunte am Pulverfass Frankreich brennt schon…
Nach einer großen Umfrage sind 62 % der jungen Franzosen zwischen 18 und 35 Jahren bereit, an einer „Revolte großen Ausmaßes“ mitzuwirken. Die Verantwortlichen bekommen davon nichts mit. Wie immer.

(KL) – 210.000 junge Menschen haben an der Umfrage von „Generation What?“ teilgenommen und die Ergebnisse sollten langsam, aber sicher, die französische Politik veranlassen, ihre unerträgliche Nabelschau zu beenden und sich endlich um die Sorgen ihrer Landsleute zu kümmern. Bevor das soziale Pulverfass in die Luft fliegt und Frankreich seine nächste Revolution erlebt.
Zwei Drittel der jungen Franzosen sind also bereit, an einer neuen Revolution mitzuwirken. Und diese Bereitschaft zieht sich quer durch alle sozialen Bevölkerungsschichten – selbst bei den Jugendlichen in unbefristeten Arbeitsverträgen (was ein echtes Plus bei einer Jugendarbeitslosigkeit von rund 25 % ist), ist eine Mehrheit (54 %) bereit für eine Revolution. Unklar ist nur, was die Jugendlichen eigentlich fordern wollen – die Bereitschaft zur Revolte ist eher negativ geprägt und richtet sich gegen ein eingestaubtes Establishment. Was dann auch eine solche Revolte unberechenbar macht, denn niemand kann identifizieren, wer was fordert. Nur sollte alles anders sein.
Kurz vor den Wahlen ist die Bewertung des Politik durch die Jugendlichen katastrophal – 99 % (!) halten Politiker für grundsätzlich korrupt und die Welt stellt sich für junge Menschen als ein Geflecht aus der Finanzwelt (93 % sind der Ansicht, dass „die Finanzwelt die Welt regiert“), korrupten Politikern als willigen Erfüllungsgehilfen der „Märkte“ und einer dauerhaften Krise dar. Und wenn man ehrlich ist, könnte es ganz schön schwierig werden, Gegenargumente gegen diese Wahrnehmung der Welt zu finden.
Nun werden langsam die Optionen für die französische Politik dünn – entweder, die Jugendlichen gehen auf die Straße und legen, wie im Mai 1968, die Städte in Schutt und Asche oder sie verlassen das Land, was immerhin für 70 % der Jugendlichen eine echte Alternative darstellt.
Diese Zahlen sind kein Zufall, sondern das Ergebnis des Versagens eines anachronistischen Politiksystems über mehrere Jahrzehnte. Junge Menschen stehen vor einem Land, das sich von Krise zu Krise hangelt, in dem die Politik zu einem jämmerlichen Spektakel verkommt, das schlimmer ist als in anderen Ländern, in dem die Perspektiven dünn und die Skandale groß sind – doch wird nun die Luft eng.
Bereits in diesem Jahr erkannte man anhand der eigentlich völlig orientierungslosen Jugendbewegung „Nuit debout“, dass es ein großes Protestpotential in Frankreich gibt. Die Frage ist nur, wer dieses Potential wecken und kanalisieren kann. „Nuit debout“ scheiterte daran, dass es diese Bewegung schaffte, keinerlei konkrete Forderungen zu stellen, andere wie der smarte Kandidat Emmanuel Macron scheitern daran, weil sie aus der Tiefe des Establishments kommen und daher keinerlei Vertrauensvorschuss mehr bei den Jugendlichen haben. Die große Gefahr besteht nun einfach darin, dass sich der Zorn und die Perspektivlosigkeit der Jugendlichen eines Tages einfach so entlädt, wie eine Gewitterwolke, deren Blitzeinschläge auch im Vorfeld nicht lokalisiert werden können.
Doch auch diese Studie wird in der Welt der Politik keine Beachtung finden. Momentan balgen sich gefühlte 30 Kandidatinnen und Kandidaten um das Amt des Präsidenten, niemand interessiert sich wirklich für die Belange Jugendlicher und so kann es eines Tages tatsächlich passieren, dass die Jugend Frankreichs militant auf die Straße geht. Immerhin – zwei von drei jungen Franzosen wären dabei. Auch, wenn die Politik weiterhin so konsequent die Augen vor den Sorgen und Nöten junger Menschen verschließt.
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