Die Macronie hat das Wahlergebnis immer noch nicht verstanden

Trotz dreier Wahl-Schlappen in Folge, durch die die „Macronie“ auf 15 bis 20 % der Stimmen abgerutscht ist, sprechen die Politiker und die Mainstream-Medien weiter von der „präsidialen Mehrheit“.

Innenminister Gérald Darmanin hat noch nicht verstanden, dass seine Truppe nicht mehr über Frankreich herrscht. Foto: Toufik-de-Planoise / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Ist es trotzig, mutig oder einfach nur das Zeichen einer gestörten Wirklichkeits-Wahrnehmung, dass die „Macronie“ und die von ihr kontrollierten Mainstream-Medien weiterhin von der „präsidialen Mehrheit“ sprechen, obwohl die Macron-Partei nur noch zwischen 15 und 20 % der Stimmen auf sich vereint? Oder gehört dieser sprachliche Kniff zu einer Strategie, die darauf abzielt, die Wahlergebnisse vom 30. Juni und 7. Juli einfach zu ignorieren und trotz eindeutiger Abwahl so weiterzumachen wie zuvor?

Die Macronie, früher einmal „En marche!“, dann „Renaissance“ oder als Fraktion „Ensemble!“, ist die größte Verliererin dieser von Emmanuel Macron im Alleingang entschiedenen vorgezogenen Parlamentswahlen. Allerdings scheinen das die Vertreter der Macronie noch nicht begriffen zu haben. Emmanuel Macron will jetzt erst einmal mit seiner bisherigen Regierung weitermachen, obwohl diese eindeutig abgewählt worden ist. Innenminister Gérald Darmanin empfiehlt den gemäßigten Parteien in der linken „Neuen Volksfront“, sich mit der Macron-Truppe zusammenzutun und dafür den Partnern in der „Neuen Volksfront“ einen Dolch in den Rücken zu stoßen. Solche ungefragten „Empfehlungen“ vergiften das politische Klima in Frankreich weiter und zeigen eindeutig die Strategie der kleinen „präsidialen Minderheit“ – so tun, als sei man weiterhin stark (dabei ist die Macronie weder stärkste Partei, noch stärkste Fraktion), um so arrogant weiterzuregieren wie bisher. Doch mit ihren 99 Sitzen kommt „Renaissance“ nicht so furchtbar weit, nicht einmal mit den Sitzen der Konservativen UND der Sozialisten. Denn rechnerisch kommen diese Formationen zusammen auf knapp über 200 Sitze und sind von der absoluten Mehrheit von 289 Sitzen meilenweit entfernt.

Die Arroganz der Macronisten ist also völlig fehl am Platz und zeigt, dass man in den plüschigen Palästen der Pariser Macht noch nicht so richtig verstanden hat, dass man trotz enormer Verluste eine Vollschlappe bei der Wahl nur deshalb verhindern konnte, weil alle nach dem ersten Wahlgang hinter einem Macron-Kandidaten liegenden „Volksfront“-Kandidaten vor dem zweiten Wahlgang zurückgezogen und den Weg für einen oder eine Macron-KandidatIn freigemacht hatten, um den drohenden Griff der Rechtsextremen nach der Macht zu verhindern. Ohne diese „linken“ Stimmen wäre die Macronie heute nur noch eine Mini-Partei.

Dass sich die linke „Volksfront“ schwer tut, einen Kandidaten für das Amt des Premierministers zu benennen, ist normal. Dieses Bündnis wurde in Windeseile geschmiedet, da Macron diese vorgezogenen Wahlen noch vor den Olympischen Spielen durchziehen wollte, um so oder so mit seiner Regierung erst einmal an der Macht bleiben zu können. Daher sind die Ansagen von Emmanuel Macron und seinen Adlaten überflüssig – denn sie waren es, die das Land ins politische Chaos gestürzt haben. Und ganz offensichtlich will sich die Macronie an der Macht halten und dabei völlig ignorieren, dass sie abgewählt worden ist.

Emmanuel Macron wird mindestens so lange weitermachen, bis er auch die „Neue Volksfront“ gesprengt hat, um es bei den nächsten Wahlen wieder zu diesem sterilen Duell „Macronie gegen die Rechtsextremen“ kommen zu lassen. Doch Frankreich ist in einer Situation, in der sich das Land die perversen Machtspielchen seines Präsidenten nicht mehr leisten kann – die Lunte am politischen Pulverfass brennt bereits und dieses Pulverfass kann jederzeit explodieren.

Interessant ist, dass Macron sofort nach seiner Rückkehr vom NATO-Gipfel seine Parteioberen zusammenrief, von denen etliche der Macronie bereits den Rücken kehren, weil sie verstanden haben, dass die Macronie vorbei ist. Natürlich wird es schwer werden, eine tragfähige Regierung zu bilden, doch ist völlig klar, dass diese nicht mehr unter dem Personal der abgehalfterten Macronie funktionieren kann. Insofern täten Macron und seine Adlaten besser daran, ihre Arroganz möglichst schnell zu beenden, den anderen Parteien keine Empfehlungen zu geben und endlich zu verstehen, dass die Macronie der größte Verlierer dieser Wahl ist und abgewählt wurde. Wenn Macron und seine Erfüllungsgehilfen wie Gérald Darmanin nicht schnell verstehen, dass sie ihr Verhalten komplett ändern müssen, wird Frankreich in einem Jahr eine rechtsextreme Regierung haben. Denn einen „republikanischen Ruck“ wie beim zweiten Wahlgang dieser Wahlen am 7. Juli wird es für Macron kein zweites Mal geben. Es ist unglaublich, mit welcher Verantwortungslosigkeit für Frankreich dieser Präsident und seine letzten Getreuen agieren – Frankreich hat besseres verdient als diese selbstherrlichen Herrscher ohne Volk. Und den Begriff „präsidiale Mehrheit“ sollte man schnell vergessen. Es gibt sie nicht mehr.

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