Die nächste „Welle“ besteht aus Opium und Heroin

Opium und daraus gewonnenes Heroin werden eine der wichtigsten Einnahmequellen der Taliban werden. Sie sind es bereits, aber das wird noch schlimmer werden.

Der Opiumanbau in Provinzen wie Helmand boomt und wird weiter boomen. Foto: ISAF Headquarters Public Affairs Office from Kabul, Afghanistan / Wikimedia Commons / PD

(KL) – „Ohne Opium wäre der Krieg längst vorbei“, seufzte der geflüchtete afghanische Präsident Ashraf Ghani schon 2017. Er hatte Recht – in den Provinzen Afghanistans, in denen Schlafmohne zur Opiumgewinnung angebaut wird (und das ist mehr als die Hälfte der Provinzen), kassierten die Taliban eine „Opiumsteuer“ von den Bauern und Händlern und finanzierten mit Einnahmen, die auf 120 bis 160 Millionen Dollar geschätzt wurden, den Krieg gegen die Regierung. Nach der Machtübernahme durch die Taliban wird sich dieser bereits vorher extrem durchorganisierte Markt weiter intensivieren. Zwar haben die Taliban wissen lassen, dass sie bereit wären, gegen entsprechende Zahlungen aus dem Westen Opiumfelder zu vernichten, doch dürfte diese Ankündigung ähnlich ernst zu nehmen sein wie die Ankündigung, Frauenrechte achten zu wollen.

Das Geschäft mit den aus Schlafmohn (Papaver Somniferum) gewonnenen Produkten, sei es Rohopium oder verarbeitet als Heroin, ist reibungslos organisiert und das wird sich nicht ändern. In ganz Afghanistan gibt es rund 350.000 bis 500.000 Mohnbauern, die ihre Ernte an bis zu 15.000 Kleinhändler verkaufen, die in den entlegenen Regionen eine wichtige wirtschaftliche Funktion haben. Sie kaufen nicht nur die Ernte auf, sondern vergeben auch Kredite, besorgen Waren, machen Tauschgeschäfte.

Danach kommen die Zwischenhändler, deren Zahl auf etwa 600 geschätzt wird. Hier beginnt bereits das „Big Business“. Diese Zwischenhändler, die sich um Transport und Vertrieb großer Mengen Opium kümmern, zahlen Bestechungsgelder an Polizeichefs und lokale Regierungsvertreter (und vorher natürlich bereits an die Taliban). Den Schmuggel ins Ausland und das Raffinieren von Heroin organisieren ungefähr 200 Großhändler, die ihrerseits von etwa 30 Bossen kontrolliert werden, die den gesamten nationalen Drogenmarkt und die internationalen Vertriebswege fest in der Hand haben.

In den 20 Jahren des Kriegs zwischen der Regierung und den Westarmeen und den Taliban machte der Opiumhandel schätzungsweise bis zu 60 % des Budgets der Taliban aus. Auch dies war ein Grund für die ständigen Versuche, ganze Regionen unter Kontrolle zu bekommen, denn das garantierte zusätzliche, erpresste „Opiumsteuern“. Im Grunde ist das ein Treppenwitz der Geschichte – sowohl die Taliban, als auch die reguläre Regierung, verdienten Geld aus der gleichen Quelle, dem Opiumanbau.

Dabei sorgen die Taliban seit Jahren für eine Modernisierung der Anbaumethoden. Durch Landgewinne konnten sie die Anbauflächen vergrößern und durch moderne Methoden den Ertrag dramatisch steigern. So verzeichnete Afghanistan in den letzten Jahren Rekordernten von bis zu 9000 Tonnen Opium jährlich und der gesamte Drogensektor machte in diesem Jahr einen Umsatz von geschätzten 3 Milliarden Dollar. In einem sehr armen Land ist die ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, der den Krieg auf beiden Seiten (mit-)finanziert hat.

Natürlich werden die Taliban nicht auf diese Einnahmequelle verzichten, sondern sie weiter ausbauen und das System weiter straffen, um die Gewinne zu steigern. Man wird damit rechnen müssen, dass in nicht allzu langer Zeit billiges Heroin den Markt in Europa und den USA überschwemmen wird. Eine alte Taktik, die Jugend des „Feindes“ zu korrumpieren, so, wie in den 70er und 80er Jahren Russland Westdeutschland über Ost-Berlin mit LSD überschwemmte.

Es wird keinerlei Möglichkeit geben, gegen diese „Drogen-Offensive“ vor Ort vorzugehen. Dies hat bereits in Ländern wie Kolumbien nicht geklappt – dort, wo die amerikanische DEA ein Drogenlabor im Dschungel zerstörte, wurden am nächsten Tag zwei neue woanders geöffnet. Den Zusicherungen der Taliban, gegen Bezahlung aus dem Westen Anbauflächen zu zerstören, sollte man nicht glauben. Die Taliban werden nicht ihre Gans schlachten, die goldene Eier legt, nur, um dem Westen gefällig zu sein. Man wird die Schmuggelrouten genau im Auge behalten und die EU-Außengrenzen entsprechend ausrüsten müssen.

Durch die Machtübernahme ist das internationale Drogenproblem noch ein wenig größer geworden. Es wird mehr und billigeres Heroin geben und gleichzeitig werden die Taliban über immer höhere Einnahmen verfügen, die ihnen die Macht sichern werden. Hoffentlich machen unsere Politiker, die bisher so vieles in Afghanistan falsch eingeschätzt haben, jetzt nicht noch den Fehler die Taliban für eine imaginäre Verkleinerung der Anbauflächen zu bezahlen…

Einen Bericht der UNO über den Opium-Anbau in Afghanistan finden Sie, wenn Sie HIER KLICKEN!

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