Die neue Gesellschaft am Oberrhein wird grenzüberschreitend

Mit der Initiative „Ouvrons-la !“ (was soviel bedeutet wie „Machen wir das Maul auf!“…) will die Stadt Straßburg Projekte für ein neues Miteinander in der Gesellschaft schaffen. Grenzüberschreitend.

Dem Straßburger OB Roland Ries ist es ernst - er will die BürgerInnen einbeziehen, um gemeinsam die Gesellschaft zu verbessern. Da sollte man mitmachen! Foto: Claude Truong-Ngoc / Eurojournalist(e)

(KL) – Auch, wenn momentan die Welle der Empörung über die Attentate von Paris langsam abebbt und das „normale“ Leben wieder die Oberhand gewinnt, so sind die Spuren dieser Attentate noch deutlich spürbar. Man spürt, dass es eben doch nicht so einfach ist, wieder zur Tagesordnung zurückzukehren und einfach darauf zu warten, dass wieder etwas passiert. Daher hat der Straßburger OB Roland Ries eine Initiative ins Leben gerufen, die „Bürgerkonferenzen“ (eurojournalist.eu berichtete bereits). Doch im Gegensatz zu anderen Konferenzen wird hier kein Bla-Bla veranstaltet, sondern die Bürgerinnen und Bürger haben das Wort. Und da die Frage der gesellschaftlichen Integration und des Zusammenlebens alle Europäer etwas angeht, findet eine dieser Konferenzen in Kehl statt. Denn die Gesellschaft von morgen, zumindest am Oberrhein, ist ganz klar grenzüberschreitend.

„Ouvrons-la !“, das ist ein Slogan, der einen zweimal hinschauen lässt. „Machen wir das Maul auf!“, das ist eine Ansage, die klarer nicht sein kann. Hier sitzt nicht etwa eine Handvoll Experten und Würdenträger auf einem Podium, um intellektuell zu erklären, was alles schief läuft und ohne dabei Verantwortung zu übernehmen, dass es eines Tages besser läuft – hier wird offen und ehrlich diskutiert. Bei dieser Serie von „Bürgerkonferenzen“ kann jeder mitdiskutieren und die Zielsetzung dieser Konferenzen ist klar – es geht darum, gemeinsam Vorschläge zu entwickeln, die zeitnah in konkrete Projekte umgesetzt werden sollen. Projekte, die sowohl von Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft getragen werden können und sollen.

Bemerkenswert ist der Zeitplan. Bereits am letzten Freitag fand die erste dieser Konferenzen statt, am heutigen Dienstag die zweite, am Donnerstag die dritte und am kommenden Montag, die vierte – und diese dann grenzüberschreitend in Kehl. Bevor dann am 19. Februar bei einer großen Abschlussveranstaltung bekannt gegeben werden soll, welche der Projektvorschläge auch in der Praxis umgesetzt werden sollen. Einen solch straffen Zeitplan, seien wir ehrlich, sind wir seitens der Politik nicht gewohnt. Was beweist, wie ernst es der Stadt Straßburg mit diesem Projekt wirklich ist.

Grundlage der Konferenzen ist eine partizipative Internet-Site, auf der sich jede und jeder äußern kann und soll. Denn der Plan der Straßburger ist es, diese Aktion möglichst breit anzulegen. Dass Straßburg darauf Wert legt, dass diese gesellschaftliche Initiative auch vom Start weg grenzüberschreitend ausgelegt ist, ist ebenso bemerkenswert. Das Thema der Konferenz in Kehl lautet „Zugang zum Arbeitsmarkt für junge Menschen“. Aufgrund der Tatsache, dass bei uns am Oberrhein der Arbeitsmarkt immer stärker grenzüberschreitend organisiert wird, passt das Thema hervorragend. Denn eines der gesellschaftlichen Probleme in Frankreich ist die Jugendarbeitslosigkeit (im Elsass 23 %!), während man in Deutschland auf die Auswirkungen des demographischen Wandels wartet. Will man aber in den französischen Städten das Phänomen der Radikalisierung Jugendlicher in den Griff bekommen, führt kein Weg daran vorbei, diesen Jugendlichen eine Lebensperspektive zu bieten, was logischerweise Ausbildung und Arbeit beinhaltet. In diesem Bereich ist es absolut sinnvoll, das Thema von vornherein grenzüberschreitend anzugehen.

Jetzt fehlen nur noch wir. Die Straßburger Politik hat eine bemerkenswerte Initiative gestartet, die aber nur dann eine echte Wirkung entfalten kann, wenn wir alle mitziehen. Denken Sie jetzt nicht „ach, die machen ja eh was sie wollen oder gar nichts…“ – kommen Sie am 9. Februar in die Kehler Beruflichen Schulen, diskutieren Sie mit und machen Sie sich Gedanken, was konkret verbessert werden kann und muss, damit künftig das gesellschaftliche Zusammenleben besser funktioniert. Denn diese Entwicklung geht uns alle an!

Der Fahrplan: Heute, Dienstag, 3. Februar „Zugang zur Kultur“, Donnerstag, 5. Februar „Die Rolle der Eltern und Familien“ und am Montag, 9. Februar, „Zugang zum Arbeitsmarkt für Jugendliche“. Am Mittwoch, den 11. Februar findet „Die freie Meinungsäußerung“ statt, gefolgt von „Laizität und Zusammenleben“. Bis auf die Konferenz am 9. Februar finden alle Konferenzen in Straßburg statt (Ort und Zeit entnehmen Sie bitte der angegebenen und verlinkten Internet-Site).

Die Konferenz am Montag, den 9. Februar, findet in der Aula der Berufliche Schulen in Kehl (Iringheimerstraße 18, Tel. 07851 99169-0) von 12:30 Uhr bis 14:15 Uhr statt. Der Eintritt ist natürlich frei und alle sind herzlich eingeladen, sich aktiv zu beteiligen!

Alle weiteren Infos gibt‘s unter www.ouvrons-la.strasbourg.eu!

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