Die neue Region Ostfrankreichs nimmt (seltsame) Formen an

Die französische Regierung hat einige grundsätzliche Entscheidungen zur Organisation der neuen Regionen Frankreichs getroffen. Von denen einige überraschend sind.

Mit der Region Elsass ist es am 1. Januar 2016 vorbei. Ob die neue "Superregion" so viel besser wird? Zweifel sind erlaubt... Foto: Eurojournalist(e)

(KL) – Fangen wir vorne an. Mit dem Namen. Die offizielle Bezeichnung der neuen ostfranzösischen Megaregion wird „ACAL“ lauten – Alsace – Champagne-Ardenne – Lorraine. OK. Das ist soweit noch nicht revolutionär. Die nächsten Entscheidungen betreffen die Aufteilung der Verwaltungen, deren Liste Sie weiter unten finden. Doch ein paar andere Entscheidungen werfen die Frage nach dem Zweck dieser Reform auf. Denn ursprünglich sollte es ja darum gehen, die Verwaltungen zu straffen, effizienter und schneller zu machen, doch von diesem ursprünglichen Plan scheint nicht mehr viel übrig zu sein. Im Gegenteil – statt weniger Verwaltung sieht es momentan danach aus, als würde es mehr Verwaltung geben. Wie dabei 50 Milliarden Euro im Jahr eingespart werden sollen, wird immer unklarer.

Der Präsident der Region Elsass und Spitzenkandidat der Konservativen bei den Regionalwahlen im kommenden Winter, Philippe Richert, sagte ein paar erstaunliche Dinge bei seiner Erklärung der neuen Verteilung der Verwaltungen – angesichts der künftig in Straßburg angesiedelten regionalen Zentralverwaltungen erläuterte er, dass „es sich nicht um eine Zentralisierung in Straßburg handelt, denn Metz [für Lothringen] und Chalons-en-Champagne [für die Champagne-Ardenne] werden diese Verwaltungen die lokalen Funktionen und Ansprachpartner behalten“. Aha. Bedeutet das am Ende, dass lediglich neue, regionale „Superverwaltungen“ ins Leben gerufen werden, bei denen dann ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entsteht, da diese sich, anders als in der bisherigen Organisation, dann auch noch mit den jeweils übergeordneten „Superverwaltungen“ abstimmen müssen? Und was soll man von der Erklärung halten, dass durch die Neugestaltung der Region „lediglich 100 Beamte betroffen“ sein sollen, die entweder umziehen oder einen neuen Job akzeptieren müssen? Dieser ganze Aufwand, ohne dass die Verwaltungen schlanker werden?

Diese ganze Reform wird höchst seltsam und läuft langsam Gefahr, noch vor ihrem eigentlichen Start in eine Richtung zu gehen, die ziemlich das Gegenteil einer Verschlankung oder einer Effizienzsteigerung werden könnte. Momentan sieht es eher danach aus, als würde eine zusätzliche Verwaltungsebene eingezogen, wodurch nicht etwa Kosten eingespart werden, sondern eher neue Kosten entstehen, dazu neues Kompetenzgerangel und ewig dauernde Abstimmungen zwischen den drei Teilregionen und den jeweiligen „Superverwaltungen“.

Und da ist sie wieder, die Quadratur des Kreises. Man kann Verwaltungen nicht verschlanken, wenn man nicht bereit ist, Beamtenstellen abzubauen. Doch genau das wird gerade versucht – damit ja kein Beamter nach der Reform unzufrieden ist, baut man neue Verwaltungen mit Unterverwaltungen auf, was dann doch ziemlich nach einem Schlag ins Wasser klingt.

Werfen wir einen Blick auf die Verteilung der neuen regionalen „Superverwaltungen“:

Straßburg und das Elsass erhalten den Sitz der folgenden „Superverwaltungen“: Die DIRECCTE (Verwaltung für Unternehmensfragen, Wettbewerb, Verbraucherschutz und Arbeitsmarkt), der DRAC (Kultur), der Finanzen, Jugend und Sport.

Nancy (Lothringen) wird Sitz der neuen Regionalverwaltung für: Regionale Gesundheitsagentur, Sitz des Rektors der drei Akademien (Schulämter und Universitäten – allerdings behalten alle drei Teilregionen ihre eigene Akademie, deren oberster Präsident dann in Nancy residiert).

Metz (ebenfalls Lothringen) wird der Sitz der „Zone für Sicherheit und Verteidigung“, des regionalen Rechnungshofs und der DREAL (Umweltschutz, Gebietsentwicklung und Wohnungsbau).

Chalons-en-Champagne erhält den Sitz der Regionalverwaltung für Landwirtschaft und die Forstverwaltung.

So weit, so gut. Allerdings wird es in allen drei Teilregionen eben jede dieser Verwaltungen „in klein“ weiterhin geben. Was logischerweise bedeutet, dass diese lokalen Verwaltungen den neuen „Superverwaltungen“ unterstellt sein werden, was wiederum einen riesigen Konzertierungsaufwand, Arbeitsrichtlinien, Meetings und anderen Prozeduren erfordern wird, was nach allem klingt, nicht aber nach einer schnelleren, kostengünstigeren und effizienteren Arbeit dieser Verwaltungen. Aber immerhin wird man es geschafft haben, dass praktisch kein Beamter, kein Abteilungsleiter und kein Referent auf seinen Job verzichten muss. Blöd nur, dass damit der gesamte Sinn und Zweck dieser Reform nicht nur wirkungslos zu verpuffen droht, sondern geradezu auf den Kopf gestellt werden könnte.

Um ein Verwaltungsmonster zu bezwingen, schafft diese Reform allem Anschein nach ein neues, noch größeres Verwaltungsmonster. Dieses dürfte zwar die Kraft haben, das alte Verwaltungsmonster zu besiegen, doch wer soll dann das neue Verwaltungsmonster in den Griff bekommen?

Und, ach ja, das hätten wir fast vergessen, aber das stand ja auch schon im Gesetz zur Gebietsreform – die Hauptstadt der neuen Region „ACAL“ wird Straßburg sein. Was das genau zu bedeuten hat, verriet die französische Regierung allerdings noch nicht. Angesichts der Tatsache, dass die neuen Regionen am 1. Januar ihre Arbeit aufnehmen sollen, wäre es vielleicht an der Zeit, die Katze aus dem Sack zu lassen.

Könnte es am Ende sein, dass diese Reform nicht nur nicht so richtig durchdacht wurde, sondern dem ohnehin schon völlig von seiner Verwaltung gelähmten Frankreich eine neue Verwaltungsebene hinzufügt, auf der sich die Verwaltungen künftig vor allem auf eines konzentrieren werden – nämlich sich selbst zu verwalten?

1 Kommentar zu Die neue Region Ostfrankreichs nimmt (seltsame) Formen an

  1. Cette “réforme” est une vaste fumisterie dénoncée comme telle depuis plus d’un an à présent par de nombreuses personnes. Mais les arguments des opposants ont été systématiquement réduits par le gouvernement, les députés PS (par manque d’arguments), les élus locaux UMP-LR (par opportunisme) et les médias (par paresse et parce que c’était plus tape à l’oeil) aux arguments “identitaires”. Tous les arguments contre cette fusion* ont été systématiquement éludés par ce réductionnisme, et nous ne sommes pas au bout de nos peines…

    Par ailleurs, la nécessité d’avoir des sous-directions dans chaque ancienne région est simplement une conséquence de la taille de cette région : soit tout est centralisé à Metz (barycentre géographique de ACAL – les autres villes étant trop excentres pour pouvoir centraliser les pouvoirs), ce qui est politiquement difficilement soutenable, soit on garde des directions locales en lien avec les territoires…

    Soit dit en passant, si je ne m’abuse, le land du Bade-Würtemberg est divisé en 3 regierungspräsidium, et les administrations du bund ont également des subdivisions territoriales et ne sont pas toutes concentrées à Suttgart : n’est-ce pas du fait de la taille du land?

    *en vrac et non exhaustif : création d’une nouvelle couche, absence de transferts de compétences État vers région, sappe de la démocratie locale, problème de représentation des citoyens inégale selon les ex-régions – faites le ratio conseillé régional/habitant pour chaque département, et si vous trouvez une justification (et pas une explication, qui est connue : il s’agissait de ne pas diminuer le nombre de conseillers régionaux, mais politiquement on ne pouvait pas non plus en rajouter…), j’aimerais bien la connaître. A noter que ces arguments concernent TOUTES les anciennes régions, qui ont toutes à y perdre.

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