Die nukleare Bedrohung

Durch die Einnahme der Atom-Ruine in Tschernobyl und des größten Atomkraftwerks Europas bei Saporischschja verfügt Putin nun über mehrere nukleare Optionen.

Die Einnahme von Tschernobyl und Saporischschja (Bild) durch die Rote Armee ist mehr als beunruhigend. Foto: Ralf1969 / Wikimedia Commons / GNU 1.2

(KL) – Wäre es nicht so dramatisch, könnte man fast über die „Rechtfertigung“ Putins für dessen Angriffskrieg in der Ukraine lächeln. Der Mann fühlt sich „bedroht“. Kein einziger westlicher Soldat steht auf russischem Territorium, keine einzige Bedrohung der territorialen Integrität Russlands ist ausgesprochen worden, während gleichzeitig Putins Truppen die Ukraine verwüsten, Menschen töten, verletzen und vertreiben und die russische Regierung inzwischen weitere Staaten offen bedroht hat. Doch das ist Kommunikation, während die nuklearen Optionen Putins leider eine Realität sind.

Dass sich heute ganz Europa bedroht fühlt, liegt nicht etwa daran, wie Außenminister Lawrow zum Besten gab, dass Europa „hysterisch“ geworden sei, sondern daran, dass Putin bereits bei seinem Erstschlag am 24. Februar die Atom-Ruine in Tschernobyl unter Kontrolle brachte und nun auch das größte Kernkraftwerk Europas bei Saporischschja mit seinen sechs Reaktoren, nachdem in der vorletzten Nacht diese Anlage in Brand gesetzt wurde. Die Angriffe auf diese beiden nuklearen Zentren zeigen deutlich, dass es Putin völlig egal ist, was für Kollateralschäden sein Krieg verursacht, selbst in Russland oder in seinem Marionettenstaat Belarus.

Die Einnahme von Tschernobyl und Saporischschja erweitert Putins nukleare Optionen. Putin muss noch nicht einmal seine Atomwaffen einsetzen, um Europa auf Jahrhunderte oder Jahrtausende hinaus zu verstrahlen, es würde bereits reichen, den immer noch unter einem Sarkophag glühenden Reaktor von Tschernobyl in die Luft zu jagen oder das gleiche in Saporischschja zu tun. Dass dabei auch große Teile von Belarus, der Ukraine und selbst im Westen Russlands ebenso verstrahlt würden wie Europa, dürfte Putin egal sein, denn für ihn gibt es kein Zurück mehr.

Wie weit Putin wirklich geht, kann niemand vorhersagen. Doch sollten sich die Dinge weiterhin nicht so gut für den Kreml-Chef entwickeln, dann muss man auch mit der Möglichkeit rechnen, dass Putin zum Äußersten greift.

Die Kriegspropaganda von Putin wird unerträglich, ebenso wie die „Verhandlungen“, bei denen die russische Seite lediglich ihre unannehmbaren Forderungen wiederholt, Zusagen macht, die nicht eingehalten werden und während dieser Zeit weiter bombardiert.

Es ist sicherlich richtig, dass sich in den letzten 30 Jahren weder die NATO, noch Russland an Vereinbarungen gehalten haben. Doch solche Themen gehören an Verhandlungstische und können keinesfalls eine Rechtfertigung sein, einen Angriffskrieg zu beginnen, Menschen zu töten und die ganze Welt zu bedrohen. Nein, Sergej Lawrow liegt falsch, wenn er sagt, dass Europa „hysterisch“ geworden sei. Sein Chef ist komplett durchgedreht und stürzt die Welt gerade in ein Chaos, das sie seit 1945 nicht mehr erlebt hat.

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