Die omnipräsente Gewalt

Der neue Anschlag von Kabul erschüttert die Welt. Aber nur ganz kurz. Denn wir sind dabei, uns an den Horror zu gewöhnen. Immer mehr.

Angst und Gewalt herrschen überall - der "Krieg gegen den Terrorismus" ist ein echter Flopp. Foto: Spc. Alex Amen / US Army / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Hätte der neuerliche Anschlag von Kabul nicht die deutsche und die französische Botschaft in Kabul getroffen, trotz aller Sicherheitsvorkehrungen im Kabuler Botschaftsviertel, wäre er wohl eine Randnotiz in den internationalen Medien geblieben. Doch da dieser Anschlag „uns“ galt, wird darüber berichtet. Und dann wird er ganz schnell wieder vergessen.

Wie viele Bombenanschläge hat es seit Anfang dieses Jahres in Kabul gegeben? Genau, es waren acht. Acht Bombenanschläge mit Dutzenden Opfern, von denen wir praktisch kaum noch Notiz genommen haben. Denn wir sind Paris, Brüssel, Nizza, Berlin, Manchester und haben kaum noch Kapazitäten frei, um auch noch Kabul zu sein. Doch muss man feststellen, dass Terrorismus und Angst inzwischen ein weltumspannendes Problem sind – es vergeht kein Tag, an dem nicht Menschen irgendwo auf der Welt sterben, weil fanatische Terroristen meinen, dadurch ihr Anliegen optimal zu kommunizieren.

Dass der amerikanische „Krieg gegen den Terror“ genau das Gegenteil dessen ausgelöst hat, was er sollte, ist unbestritten. Statt den Terrorismus zu bekämpfen, haben die militärischen Maßnahmen im Mittleren und Fernen Osten dafür gesorgt, dass ganze Generationen gewaltbereiter Fanatiker entstanden sind, die inzwischen die ganze Welt mit ihrem Hass überziehen.

Gewinner gibt es in dieser fürchterlichen Situation trotzdem. Die Waffenproduzenten in den USA, in Russland, in Frankreich, Deutschland und anderswo sind diejenigen, die von dieser Situation profitieren. Es geht also in all den Konflikten auf diesem Planeten letztlich um – Arbeitsplätze in der „zivilisierten“ Welt und satte Gewinne für die Spekulanten, die auf Rüstungswerte setzen.

Und wo sind die internationalen Organe? Die UNO? Die anderen Institutionen? Sie sitzen auf ihren Beamtensesseln und verwalten, mehr schlecht als recht, das Drama. Es gibt momentan keine einzige weltweite und ernstzunehmende Initiative der Staatengemeinschaft, die Welt in irgendeiner Form zu befrieden.

Über 80 Menschen sind in Kabul gestorben, mehr als 350 wurden verletzt. Und trotzdem wird kaum jemand ein Poster „Je suis Kaboul“ veröffentlichen. Wofür unterhalten wir eigentlich all diese wunderbaren internationalen Organisationen, wenn diese nicht in der Lage sind, wenigstens zu versuchen, den Lauf der Dinge zu verändern?

Wir bewegen uns unaufhaltsam auf eine Verhärtung aller Fronten zu. Die Populisten reiben sich die Hände, die Falken verdienen harte Euros und wir alle schauen zu, schütteln den Kopf und werden bei den nächsten Wahlen wieder genau diejenigen wählen, die sich als unfähig erwiesen haben, wenigsten den Versuch zu unternehmen, die Welt zu verbessern. Wie wäre es denn, wenn wir mal jemand anderen wählen würden, so wie die Franzosen? Wenn wir den Mut hätten einzuräumen, dass sich etwas verändern muss und uns dann entsprechend verhalten? Oder wollen wir wirklich abwarten, bis es definitiv zu spät ist?

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