Die Opfer schweigen nicht mehr

Statt immer nur vom „Modell Deutschland“ zu reden, sollten wir mal bei den französischen Nachbarn schauen, wie man eine gesellschaftliche Veränderung auslöst und durchführt.

Weltweit der gleiche Kampf - Schluss mit Gewalt gegen Frauen. Foto: En.el.cielo.con.diamantes / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – #balancetonporc, dieser Hashtag hat Frankreich verändert. „Verpfeif dein Schwein“, das ist der Name der Kampagne, die in Frankreich nach den Enthüllungen über die sexuellen Aggressionen in Hollywood gestartet wurde. Parallel begann eine umfassende gesellschaftliche Debatte über die Grenzen des Verhaltens zwischen Männern und Frauen. Und damit verbunden, ein Nachdenken über Strukturen und Mechanismen der Gewalt.

Weder der Umstand, dass einige Frauenrechtlerinnen in dieser Debatte genauso über das Ziel hinausschossen und im Grunde nur eine Umkehrung der Verhältnisse forderten, noch dass viele Männer pikiert reagierten und sich indigniert darüber zeigten, dass „selbst ein Klaps auf den Po“ bereits sexuelle Gewalt ist, konnte den Start einer gesellschaftlichen Veränderung verhindern. Und für diese gibt es nun die ersten Zahlen.

Das Innenministerium in Paris teilte nun mit, dass sich im letzten Jahr die Anzahl der Anzeigen wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung deutlich erhöht habt, im Bereich der Vergewaltigungen um 12 % in nur einem Jahr. Diese Zahl bedeutet, dass sich 12 % mehr Opfer trauen, die Täter anzuzeigen, statt sich in Scham und Angst zu verstecken. Die höhere Anzahl Anzeigen bedeutet, dass es auch mehr Verurteilungen wegen sexueller Straftaten geben wird und dass sich auch dadurch die gesellschaftliche Diskussion zum Thema sexueller Gewalt weiter verbreitern wird. Die Opfer schweigen nicht mehr.

Besonders auffallend war die Steigerung der Anzeigen seit dem Start der #balancetonporc-Kampagne. Mehr als ein Drittel Anzeigen als im Vorjahrs-Vergleichszeitraum ging bei der Polizei alleine seit diesem Zeitpunkt ein – was für das gesellschaftliche Rollenverständnis nur gut sein kann. Die Zeiten, in denen sexuelle Aggressionen ein „Kavaliersdelikt“ waren, sind vorbei.

Kein Wunder, dass diese Zahlen aus dem aktuell mehr als reformwilligen Frankreich kommen. Wenn schon ein ganzes Land im Umbruch ist, dann ist das genau der richtige Zeitpunkt, auch die Spannungen zwischen den Geschlechtern zu lösen. Die „Abschaffung“ sexueller Gewalt ist dabei eines der wichtigsten Elemente. Also, weiter so, #balancetonporc!

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