Die „Raubtiere der Pressefreiheit“

Wie jedes Jahr veröffentlicht die NGO „Reporter ohne Grenzen“ ihr Ranking der schlimmsten Feinde der Pressefreiheit. Und die werden von Jahr zu Jahr immer mehr…

"Raubtiere" bedrohen die Pressefreiheit auf der ganzen Welt. Foto: Michozounou Franck / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – In unseren westlichen Ländern wird gerne auf hohem Niveau gejammert. Speziell seit Beginn der Pandemie hört man immer häufiger die Klage „man kann nicht mehr das sagen, was man denkt“, was zusammen mit den ständigen Beschimpfungen der Medien („Lügenpresse“ etc.) ein Bild ergibt, nach dem man Medien nicht mehr trauen kann. Zwar ist auch bei uns nicht alles in Ordnung, wenn es um das Thema „unabhängige Medien“ geht, doch wenn man sich das Ranking der 37 „Raubtiere der Pressefreiheit“ anschaut, das „Reporter ohne Grenzen” veröffentlich hat, dann stellt man fest, dass es anderswo noch deutlich schlimmer ist.

Das traurige Podium dieses nicht weniger traurigen Rankings belegen der ägyptische Regierungschef Abdel Fattah Al-Sissi, der zweite Platz geht an den belarussischen Diktator Alexander Lukaschenko und auf Platz 3 landet der iranische „Revolutionsführer“ Ali Khameini. Auf den Plätzen folgen diejenigen, die man allgemein als die „Schurken“ der aktuellen Weltgeschichte betrachtet – vom syrischen Massenmörder Bachir Al-Assad, über die Hongkong-Marionette des chinesischen Regimes Carrie Lam bis hin zu Kim Jong-Un, dem „Führer“ Nordkoreas.

Aber auch die anderen „Raubtiere der Pressefreiheit“ legen nicht so richtig viel Wert auf demokratische, freie Medien. Darunter sind auch Namen, mit denen man nicht viel anfangen kann. Wer weiß schon, wie es um die Pressefreiheit in Turkmenistan bestellt ist? Richtig übel, was alleine dem Staatschef Gourbangouly Berdymoukhammedov zu „verdanken“ ist. Aber auch bekannte Namen stehen auf der Liste, wie Recep Tayyip Erdogan, Wladimir Putin oder Viktor Orban, was niemanden überraschen dürfte.

In anderen Teilen der Welt hat die Revolution ihre Kinder gefressen, wie beispielsweise in Nicaragua, wo der frühere Revolutionsführer Daniel Ortega die Presse mundtot gemacht hat.

Ob Bolsonaro in Brasilien, Maduro in Venezuela, Mohamed ben Salmane in Saudi-Arabien, aber auch viele Staatenlenker aus asiatischen Ländern wie Indien, Thailand oder Vietnam, ohne natürlich China zu vergessen – überall wird die Pressefreiheit mit Füssen getreten, sitzen Journalisten im Gefängnis und müssen um ihr Leben fürchten. Auch in vielen afrikanischen Staaten ist das Thema „Pressefreiheit“ ein Tabu – wie in vielen anderen Ländern dienen Medien lediglich dazu, das Hohelied der Mächtigen zu singen und ansonsten zu schweigen.

Ein Regierungschef fehlt allerdings auf der Liste und dieser hätte zweifellos den 38. Platz „verdient“ gehabt – Boris Johnson, dessen Land es sich leistet, einen Journalisten ohne sinnvolle Anklage seit 10 Jahren in Haft zu halten und dort, nach Einschätzung des UNO-Sonderbeauftragten, zu foltern. Sollte Julian Assange nächstes Jahr immer noch in Belmarsh einsitzen oder gar an die USA ausgeliefert worden sein, dürfte auch Großbritannien auf dieser „Liste der Schande“ erscheinen.

Diese Liste der „37 Raubtiere der Pressefreiheit“ bedeutet allerdings noch lange nicht, dass es in den anderen Ländern gut um die Pressefreiheit bestellt ist. Im Grunde könnte man diese Liste auch weiter verlängern, aber „Reporter ohne Grenzen“ hat sich auf die 37 schlimmsten Fälle konzentriert. Fazit: Um die Pressefreiheit und damit die Demokratie, steht es in weiten Teilen der Welt schlecht. Fortschritte müssten überall gemacht werden, doch leider beschränken sich die politischen Aktionen für mehr Pressefreiheit auf blutleere Lippenbekenntnisse, die zumeist ohne jegliche konkreten Folgen bleiben. Doch die Pressefreiheit ist einer der entscheidenden Pfeiler einer funktionierenden Demokratie – weswegen die Missachtung dieser Freiheit eine ernste Gefährdung für die Demokratie darstellt.

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