Die Reisepläne des Herrn L.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow ist sauer. Eigentlich wollte er heute und morgen die russische Freundschaft mit Serbien in Belgrad feiern, doch muss seine Reise ausfallen. Herr Lawrow versteht die Welt nicht mehr.

Der "Westentaschen-Talleyrand" Sergej Lawrow leidet unter einer gestörten Wahrnehmung der Wirklichkeit. Foto: mid.ru / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Der einstige große russische Außenminister Sergej Lawrow, der sich inzwischen zu einem Westentaschen-Talleyrand entwickelt hat, ist stocksauer. Da wollte er doch zwei Tage gemütlich mit den Russland-Freunden in Serbien verbringen, was sicherlich nett gewesen wäre, denn viele Freunde hat Russland nicht mehr in der Welt, und dann das: Bulgarien, Nordmazedonien und Montenegro verbieten den Flug der russischen Regierungsmaschine über ihren Luftraum und Lawrow muss zuhause bleiben. Während man den drei mutigen Ländern nur Beifall klatschen kann und sich Montenegro und Nordmazedonien als potentielle EU-Kandidaten qualifizieren, hat sich Serbien selbst ins europäische Abseits katapultiert und muss nun sehen, wie man die innige Fsreundschaft mit den russischen Kriegsherren ausleben kann. Abgesehen davon, dass Serbien nichts in der EU zu suchen hat, merkt Lawrow plötzlich, dass die Welt ihm seine Lügen über eine „Spezialoperation“ in der Ukraine nicht abnimmt. Und in Kriegszeiten müssen die Länder eben entscheiden, auf welcher Seite sie stehen. Serbien hat sich für Russland entschieden, Nordmazedonien, Montenegro und natürlich EU-Mitglied Bulgarien haben sich für Europa entscheiden. Und Lawrow wird seine serbischen Freunde eben woanders treffen müssen.

Die russische Propaganda ist immer wieder für einen Lacher gut. So bezeichnete der unsägliche Kreml-Sprecher Dmitri Peskow das Überflug-Verbot als „feindliche Handlung“, eine Bezeichnung, die er für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine noch nie verwendet hat. Man könnte das Gefühl bekommen, dass die Russen mittlerweile an ihre eigenen Lügen glauben, wenn sie so empört darauf reagieren, dass niemand mehr etwas mit ihnen zu tun haben will. Warum Lawrow allerdings die Entscheidung der drei Länder als das Ergebnis des Eingreifens „Brüsseler Puppenspieler“ betrachtet, ist rätselhaft. Offenbar hat man in Moskau vergessen, dass man am 24. Februar in die Ukraine einmarschiert ist.

Wie hirnrissig die russischen Positionen sind, erkennt man daran, dass Lawrow sicch zu der Aussage verstieg, dass „Serbien sich seine Partner selbst aussuchen können muss“, also genau das tun sollte, was Russland durch den Einmarsch in die Ukraine dem westlichen Nachbarn nicht zugesteht. Inzwischen scheinen Lawrow und Peskow gar nicht mehr zu merken, dass sie sich mit ihren Ausfällen lächerlich machen.

Nach wie vor sieht sich Russland in seiner Kommunikation als „Opfer“. Man erdulde inzwischen die Aktionen von Ländern, die „allem Russischen den Krieg erklärt haben“ – doch Fakt ist, dass Russland heute rund 20 % der Ukraine besetzt hat, Zehntausende Menschen getöten wurden und die russischen Kriegshandlungen und Bombardierungen unvermindert weitergehen. Sich als brutaler Kriegsherr als „Opfer“ aufzuführen, dafür muss schon einiges in den Köpfen der russischen Führung schief laufen.

Immerhin, die Ereignisse um Lawrows geplanten Serbien-Trip zeigen einige Dinge deutlich. Zum einen hat sich Serbien auf lange, lange Jahre, vielleicht sogar für immer, als Partner Europas disqualifiziert, zum anderen merkt man inzwischen, dass die Wirklichkeitswahrnehmung der russischen Führung mittlerweile pathologisch gestört ist.

Allerdings ist die Erkenntnis, dass sich die Kreml-Führung in Randbereichen des Wahnsinns bewegt, nicht sonderlich beruhigend. Russland ist nicht nur völkerrechtswidrig in die Ukraine einmarschiert, sondern droht mittlerweile halb Europa mit kriegerischen „Strafaktionen“. Wo bleiben die mutigen Generäle im Kreml, die diese Katastrophe durch einen gezielten Schuß beenden?

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