Die Schließung Fessenheims wird erneut verschoben
Viele hatten es bereits im Vorfeld geahnt – da der Pannenmeiler im normannischen Flamanville nicht wie geplant ans Netz gehen kann, wird auch die Schließung Fessenheims verschoben. Um mindestens ein Jahr.
(KL) – Was hat nur die damalige französische Umweltministerin Ségolène Royal geritten, als sie die Abschaltung Fessenheims an die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Flamanville koppelte? Bereits damals waren derartig viele Baufehler in Flamanville festgestellt worden, dass es ernsthafte Zweifel gab und gibt, ob Flamanville jemals ans Netz gehen wird. So oder so, die Schließung des Uralt-Meilers in Fessenheim kann noch dauern. Es wird eine Art Rennen gegen die Zeit: Was wird zuerst in Fessenheim passieren? Die Abschaltung oder der GAU?
Die Pressemitteilung des Staatsmonopolisten EdF war dürr. „Das Laden der Brennstäbe ist für das 4. Quartal 2019 vorgesehen“, teilte EdF mit. Man musste sich schon zurückerinnern, dass dieser Termin eigentlich für 2018 geplant war und dass diese Pressemitteilung nichts anderes bedeutet, als dass sich die Inbetriebnahme Flamanvilles (und daher auch die Abschaltung Fessenheims) um mindestens ein Jahr verzögern wird. Offiziell sind an dieser neuen Verzögerung die Schweißnähte Schuld. Da bei 33 Schweißnähten (von 150) Qualitätsprobleme festgestellt wurden, müssen die jetzt eben neu gemacht werden. Kosten der Operation: rund 400 Millionen Euro, was die Gesamtkosten für Flamanville auf 10,9 Milliarden Euro bringt. Da versteht man, warum die AKWs in Frankreich so lange laufen, bis ihnen die Puste ausgeht. Hat da jemand gesagt, dass Atomenergie günstig sei?
Der französische Atompark ist ebenso beeindruckend wie veraltet. Doch das, was seit Jahren in Flamanville passiert, spottet jeder Beschreibung. Baumängel, nicht eingehaltene Qualitätskriterien, Materialprobleme – was immer in Flamanville schiefgehen konnte, ging schief. Fast könnte man sagen, dass Flamanville so etwas wie der französische Flughafen BER ist, eine endlose Geschichte des kollektiven Versagens. Ärgerlich, dass die Zukunft Fessenheims und damit der ganzen Oberrheinregion ausgerechnet von diesem neuen Pannenmeiler in der Normandie abhängt.
Der einzige Grund für diese Koppelung ist nicht etwa die Versorgungssicherheit, sondern das liebe Geld. Ohne die Erlaubnis durch Ségolène Royal, diese Koppelung „Inbetriebnahme Flamanville – Abschaltung Fessenheim“ durchzuführen, wäre Fessenheim schon abgeschaltet. Doch die Ankündigung der damaligen sozialistischen Regierung eine „Energiewende“ durchführen zu wollen, war das Papier nicht wert auf dem sie gedruckt war. Der Einfluss der Lobbys der Energiewirtschaft ist einfach zu groß und von einer Energiewende hat in Frankreich noch niemand etwas gemerkt.
Dabei ist das ewige Argument günstiger Strompreise ein Witz – wenn man die obligatorischen Kosten für die Englagerung radioaktiver Brennelemente einberechnet (was man tun muss, um die tatsächlichen Kosten dieses Energieträgers richtig zu beurteilen), stellt man fest, dass es noch nie eine teurere Energiequelle gegeben hat. Zumal, was besonders beunruhigend ist, es noch keine Technologie zur sicheren Lagerung solcher Brennelemente für einen Zeitraum von 25000 Jahren gibt…
Doch Fessenheim ist kein rein französisches Problem. Sowohl die Schweiz als auch Baden sind unmittelbar von Fessenheim bedroht. Ein GAU in Fessenheim würde beispielsweise gleichzeitig die Städte Mulhouse, Colmar und Freiburg ausradieren und das gesamte Rheintal auf Jahrhunderte ebenso unbewohnbar machen wie die Region von Tschernobyl.
Es ist an der Zeit, dass den politischen Ankündigungen Taten folgen. Fessenheim sollte bereits 2016 „endgültig“ vom Netz gehen – und jetzt kann eine Abschaltung frühestens und im besten Fall Ende 2019 erfolgen. Wie wär’s, wenn die französische Regierung diese unselige Koppelung Flamanville-Fessenheim endlich aufhebt und Fessenheim endlich abschaltet? Zeit wär’s…
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