Die Schönwetter-Demokratie

Frankreich wird seinen Haushalt für das nächste Jahr am Parlament vorbei entscheiden. Mit Demokratie hat das nicht viel zu tun. Doch das scheint Paris inzwischen egal zu sein.

Der Demokratie geht es in Frankreich nicht sonderlich gut... Foto: Maria Langmann / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Die französische Verfassung sieht im § 49.3 vor, dass die Regierung bestimmte Entscheidungen am Parlament vorbei treffen kann. In einem solchen Fall haben die Parteien in der Nationalversammlung zwar die Möglichkeit, die Regierung über eine Vertrauensfrage zu stürzen, doch wird das in der aktuellen Situation nicht passieren, da insbesondere die konservativen „Les Républicains“ zwar gegen den Haushalt stimmen, aber keine Regierungskrise mit Neuwahlen heraufbeschwören wollen.

Das Demokratie-Defizit in Frankreich wird langsam augenfällig. Haushalt, Rentenreform, Sicherheit im Lande – was immer nicht so durchsegelt, wie sich Präsident Macron so vorstelllt, wird kurzerhand am Parlament vorbei entschieden. Dabei ist die Macron-Partei nicht die erste Partei, die das Parlament derart aushebelt – in der Geschichte der V. Französischen Republik wurde der § 49.3 nicht weniger als 89 Mal gezogen. Wenn das Parlament nicht so entscheidet, wie die Regierung das möchte, dann wird es halt ausgeschaltet. Das wäre doch mal ein tolles Thema für das „Weltforum für Demokratie“, das die Stadt Straßburg regelmäßig organisiert, damit die Dritte Welt endlich mal begreift, wie eine moderne Demokratie funktioniert.

Frankreich versinkt in einem Sumpf politischer, finanzieller und industrieller Interessen, die Korruption ist an vielen Stellen präsent und die Anzahl Pariser Skandale und Skandälchen ist inzwischen unüberschaubar. Die „Macronie“ erinnert immer stärker an das römische Staathalter-System, bei dem sich Amtsinhaber innerhalb kürzester Zeit Vorteile aller Art verschafften, bevor der nächste ‘ran durfte.

Wie es um das Demokratieverständnis in Paris bestellt ist, erkannte man auch sehr gut, als Präsident Maron dem Parlament mit dessen Auflösung drohte, sollte es nicht in seinem Sinne abstimmen. Plötzlich erkennt man, warum Frankreich in vielen internationalen Rankings zu Themen wie Demokratie und Pressefreiheit nur noch unter „ferner liefen“ rangiert – die französische Demokratie muss dringend reformiert werden, doch so lange die Pariser Fürsten weiter in Saus und Braus leben, werden sie nichts am aktuellen Status Quo verändern.

Aber wie demokratisch ist es, wenn man ein Parlament wählen lässt, nur, um es nicht zu konsultieren, wenn man damit rechnet, dass das Parlament nicht so abstimmt, wie man das möchte? Es wird höchste Zeit, den Reset-Knopf zu drücken.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste