Die Schweizer retten ihren Rechtsstaat
Herbe Schlappe für die rechtspopulistische Schweizer Volkspartei (SVP) – ihre „Ausschaffungsinitiative“ wurde gestern von den Schweizern bei einer Volksabstimmung abgelehnt.
(KL) – Noch ist nicht alle Hoffnung in Europa verloren, doch die Zeichen stehen weiterhin auf Sturm und der dumpfe Neonationalismus, dessen Aufstieg man mittlerweile fast überall in Europa beobachten muss, ist auch mit dem Ergebnis des Projekts der „Durchsetzungsinitiative“ nicht aus der Welt. Ein Blick auf die Zahlen genügt um festzustellen, dass zwar das Schlimmste verhindert wurde, aber dass ein immer weiter wachsender Prozentsatz der Bevölkerung in der Schweiz und vielen anderen Ländern empfänglich für die Hetze rechtspopulistischer Brunnenvergifter ist.
59 % der Schweizer haben also diese Initiative abgelehnt, die darauf abzielte, dass straffällig gewordene Ausländer selbst bei Bagatelldelikten ohne weiteres Verfahren abgeschoben werden können, beispielsweise bei wiederholten Geschwindigkeitsübertretungen. Doch wenn 59 % der Schweizer „Nein“ zu diesem haarsträubenden Vorschlag sagten, der den Betroffenen noch nicht einmal Rechtsmittel gegen ihre drohende Abschiebung einräumen wollte, dann bedeutet das auch, dass 41 % dafür waren.
Nun ist es so, dass es überall in Europa bereits heute möglich ist, kriminelle Ausländer auszuweisen, allerdings gibt es dafür zum Glück rechtsstaatliche Grenzen, die in der Regel mit der Schwere des Verbrechens und der Dauer der verhängten Strafe in Zusammenhang stehen. Allerdings gibt es nirgends das, was die SVP der Schweiz gerne verordnen wollte – den Abschied vom Rechtsstaat, das Aushebeln von Rechtsmitteln und eine völlig überzogene Bestrafung kleinerer und unbedeutender Vergehen. Abgesehen davon, dass der Vorschlag der SVP einen eklatanten Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung darstellt, kann es nicht sein, dass Maßnahmen, die derart schwerwiegend in den Lebenslauf von Menschen eingreifen, ohne jedes Rechtsmittel verhängt werden sollen.
Aber gut, die Schweizer sind nicht in die Falle der Populisten getappt, doch auch, wenn es dieses Mal noch gut ging, muss man die Zeichen der Zeit erkennen – überall in Europa surfen die Hassredner, die Volksverhetzer, die Angstschürer auf einer Welle des Erfolgs und der ganze Kontinent begibt sich wieder einmal in die Hände derjenigen, die Europa zurück ins Zeitalter der Klein- und Nationalstaaten zurückführen wollen. Als ob wir alle nicht wüssten, dass dies zu Hass, Krieg, Tod und Elend führt. Sollten doch diejenigen Recht behalten, die sagen, dass sich die Geschichte immer wiederholt. Sind wir Menschen wirklich eine solche Fehlkonstruktion, dass wir nicht in der Lage sind, aus vergangenen Fehlern zu lernen? Nichtsdestotrotz – ein großes „Dankeschön“ an die Schweizer dafür, dass sie den Aufstieg der Rechtspopulisten zumindest ein wenig gebremst haben.
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