Die SPD begeistert nur noch sich selbst

Zur Halbzeit des großen SPD-Castings fand eine große Veranstaltung in Berlin statt, im würdigen Willy-Bandt-Haus. Nach Nieder-Olm, Saarbrücken oder Baunatal war das jetzt mal richtig was.

Schade, dass Vollblut-Politiker wie Willy Brandt nur alle paar Jahrzehnte mal auftauchen... Foto: Werner Faymann / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Wie gut, dass es den Fernseher gibt und man so die Halbzeitveranstaltung des Marathons für die Neubesetzung der SPD-Spitze im Fernsehen anschauen konnte. Und Chapeau – 2500 Menschen wollten dieses freundschaftliche Speed-Dating der 14 Kandidatinnen und Kandidaten mitverfolgen, und, wie stolz verkündet wurde, an 14 Orten in Berlin gab es „Public Viewing“. Also jetzt nicht so wie bei der Fußball-WM, aber immerhin, immerhin. Dabei ist diese endlose Kür einer neuen Parteispitze inzwischen schon ziemlich ausgeleiert. Und das schon nach der Hälfte der Veranstaltungen.

Die meisten der Kandidatinnen und Kandidaten sind den Bundesbürgern unbekannt, es sei denn, es handelt sich um SPD-Mitglieder. Oder SPD-Wähler. Aber von denen gibt’s ja bekanntlich auch nicht mehr so viele. Und irgendwie wollen sie jetzt alle alles anders, besser, näher am Menschen machen. Und auf jeden Fall und ganz bestimmt liefern. Versprochen. Großes Pfadfinder-Ehrenwort. Was sollen sie auch sonst sagen?

Ein paar Kandidaten-Duos haben wenigstens Vorschläge. Karl Lauterbach und Nina Scheer wollen sofort auf der Großen Koalition aussteigen und tragen das auch ganz plausibel vor. Christina Kampmann und Michael Roth wollen für Europa und gegen Rechts kämpfen. Löblich. Wenn auch nicht so ganz neu. Das Duo Walter-Borjans / Esken will mehr soziale Gerechtigkeit, und natürlich auch Frieden. Olaf Scholz und Klara Geywitz liegen zwar in den Umfragen vorne, aber der knochentrockene Vortrag zum Thema Wohnungsbau des Vizekanzlers und Finanzministers war so frei von Charisma, dass die Hand schon zur Fernbedienung zuckte. Gesine Schwan und Ralf Stegner warben vor allem damit, dass sie schon ziemlich alt sind und daher nationale und internationale Erfahrung haben und ohne die geht’s ja nun auch nicht.

Wenn Willy Brandt gekonnt hätte, dann hätte er sich wohl irgendwann abgewandt, aber das ging nicht, da er als Statue die ganze Veranstaltung mit anschauen musste. Und dabei muss er sich gedacht haben, dass da leider auch kein Nachfolger für den Parteivorsitz dabei ist, der den Karren wieder aus dem Dreck zieht. Statt dieses ganze Elend monatelang vor der ganzen Bundesrepublik auszubreiten, wäre es vielleicht für die SPD besser gewesen, Kevin Kühnast das Heft in die Hand zu geben und einer frechen Jugend eine Chance zu geben. Aber das wäre wohl zu schnell gegangen und zu vermessen gewesen.

Ein Tipp zur Halbzeit? Vielleicht ein Unentschieden? Und dann das Ganze nochmal von vorne anfangen?

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