Die „Stimme des Volks“ ist für immer verstummt

Im Alter von 96 Jahren ist der Komponist, Widerstandskämpfer, Schriftsteller und Politiker Mikis Theodorakis verstorben. Für die Griechen war Theodorakis weitaus mehr als „nur“ der Komponist von „Alexis Sorbas“.

Mikis Theodorakis - er war die "Stimme des Volks" in Griechenland. Foto: Suyk Koen / Anefo / Nationaal Archief / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(KL) – In unseren westlichen Ländern ist der Name Mikis Theodorakis vor allem mit der Musik des Filmklassikers „Alexis Sorbas“ verbunden – speziell mit der Tanzszene am Strand, einem der Höhepunkte in der Karriere des nicht minder genialen Schauspielers Anthony Quinn. Doch für die Griechen war Mikis Theodorakis mehr als „nur“ ein Künstler. Als Widerstandskämpfer gegen die Nazis, als Politiker, Schriftsteller und aufmerksamer Beobachter und Kritiker des Zeitgeschehens war Theodorakis eine Instanz in Griechenland.

Die Nachricht traf Griechenland wie ein Peitschenhieb. TV-Sender unterbrachen ihre Sendungen, Radiostationen legten die bekanntesten Stücke von Mikis Theodorakis auf. Und viele Griechen erinnerten sich an schreckliche Zeiten, in denen die Musik und die Person von Mikis Theodorakis Symbol für Hoffnung und bessere Zeiten waren. So war Theodorakis aktiv im Widerstand gegen die verheerende Besetzung Griechenlands durch die Nazis engagiert, dann im Bürgerkrieg 1947-49 auf Seiten der Kommunisten, später allerdings auch in den Jahren des Obristen-Regimes zwischen 1967 und 1974. In diesen Zeiten war die Musik von Theodorakis ein Rettungsanker für viele Griechen, der die Kultur des Landes und der Menschen aufrecht erhielt und damit ein Zeichen setzte, dass nach schwarzen Stunden auch wieder bessere Tage kommen.

Unter dem Obristen-Regime war die Musik von Mikis Theodorakis verboten, was allerdings kaum jemanden daran hinderte, sie im privaten Kreis trotzdem zu spielen und zu hören. Nachdem er die Obristen lange genug genervt hatte, wurde er verhaftet, auf internationalen Druck aber aus der Haft entlassen und er ging nach Paris, wo er bis zum Ende der Militärdiktatur in seinem Land lebte.

Seine politische Karriere war ein seltsames Wechselspiel zwischen den politischen Parteien. Nach seiner Rückkehr nach Griechenland wurde er zunächst Abgeordneter der Kommunistischen Partei, dann der Konservativen und wandte sich schließlich der sozialistischen PASOK zu. Am Ende freundet er sich mit Alexis Tsipras an, dem Regierungschef, der die undankbare Aufgabe hatte, die Vorgaben der Brüsseler „Troika“ umsetzen zu müssen, mit denen die Lebensverhältnisse in Griechenland immer schwieriger wurden. Doch genau diese Umsetzung der EU-Vorgaben führte dazu, dass sich Theodorakis wieder mit Tsipras zerstritt. Als Reaktion gründete er eine eigene politische Bewegung, um gegen die Unterwerfung Griechenlands zu protestieren. Allerdings blieb seine politische Nachricht ungehört.

Dies trifft allerdings nicht auf seine Musik zu, die für immer ein fester Bestandteil der griechischen Kultur bleiben wird. Mikis Theodorakis ist heute schon in das griechische Pantheon eingezogen, ein moderner, facettenreicher Volksheld, die „Stimme des Volks“, dessen Musik die Welt auch in 100 Jahren noch hören wird. Möge er in Frieden ruhen.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste