Die Taliban sind immer noch die Taliban

Niemand sollte sich von den freundlichen Worten der Taliban-Sprecher täuschen lassen – an ihrer Ideologie und ihren Methoden hat sich nichts geändert.

Der starke Mann hinter der neuen Taliban-Regierung - Hardliner Hibatullah Achundsada. Foto: Voice of America / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Kabul ist momentan kein guter Ort, an dem man sich aufhalten sollte. Die Bilder brutal gefolterter Journalisten, die gestern um die Welt gingen, zeigen es deutlich: Die Taliban sind immer noch die gleichen Taliban, die bis 2001 an der Macht waren. Die Westmächte, die sich inzwischen Gedanken machen, ob man die neue „Regierung“ Afghanistans nicht anerkennen sollte, täuschen sich schon wieder. Der einzige Grund, warum die Taliban momentan einen etwas freundlicheren Ton anschlagen, ist dass sie kein Geld haben und gerade nicht an die im Ausland eingefrorenen afghanischen Guthaben kommen. Ansonsten verhalten sie sich so, wie man es von ihnen gewohnt ist.

Taliban-Milizen ersticken Proteste gegen das neue Regime im Keim und verhaften, misshandeln und bedrohen Journalisten. Auch ausländische Journalisten sind vor Übergriffen nicht gefeit, auch wenn diese momentan noch glimpflich ablaufen. Immerhin schafften es ein Reporter der „Los Angeles Times“ und sein Fotograf, die Taliban, die übergriffig wurden und verlangten, dass die Fotos einer Demonstration gelöscht würden, von ihrem Vorhaben abzubringen.

Schlechter erging es da schon Journalisten der Tageszeitung „Etilatrus“, die festgenommen und krankenhausreif gefoltert wurden. Dass sich die Taliban noch nicht trauen, ausländischen Journalisten derart zu behandeln, liegt einzig daran, dass die neue „Regierung“ dringend auf Beziehungen zu Geldgeberstaaten angewiesen ist, was auch den Wunsch nach „diplomatischen Beziehungen“ erklärt.

Doch hinter der neuen „Regierung“ unter Premierminister Hassan Achund steht der neue, starke Mann Afghanistans, der bereits in den Jahren der Schreckensherrschaft der Strippenzieher war – der Taliban-Mitbegründer Haibatullah Achundsada, ein Hardliner, der während der Jahre der Taliban-Herrscher das Gerichtssystem managte und auch heute wieder die Richtung der Taliban vorgibt. Trauen kann man dieser „Regierung“, in der unter anderem vier ehemalige Guantanamo-Häftlinge sitzen, nicht. Der Radikal-Fundamentalismus ist bereits wieder in Afghanistan eingezogen und noch beunruhigender als die Bilder aus Kabul sind die Berichte von Beobachtern aus anderen Landesteilen, wo abseits einer Berichterstattung schon längst wieder das Regime herrscht, das 2001 abgelöst wurde.

Die westlichen Staaten sollten jetzt tatsächlich nur eine einzige Priorität haben, so lange die Mullahs noch auf „Beziehungen“ angewiesen sind – alle ehemaligen Ortskräfte aus dem Land evakuieren, so lange das noch möglich ist und vor allem, so lange diese noch am Leben sind. Alles andere wird man später sehen, doch muss man festhalten, dass die „nette Fassade“, um die sich die Taliban nach außen bemühen, bereits nach zwei Wochen bröckelt. Die Folter von Journalisten und die Unterdrückung von Protesten sind nur die ersten Zeichen dessen, was Afghanistan in nächster Zeit erwartet.

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