Die unbeugsamen Gallier…

Wir schreiben das Jahr 2020 n.Ch. Ganz Gallien ist konfiniert. Ganz Gallien? Ja, ganz Gallien. Und in Lutetia geht es drunter und drüber. Aber Asterix wird dort nicht mehr aufräumen.

Ja, das waren noch Zeiten, als man den unbeugsamen Galliern nicht jeden Mist einschenken konnte... Foto: RoemermuseumHaltern002 / Helfmann / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Was ist nur aus unserem kleinen gallischen Dorf geworden? Nachdem die Römer erfolgreich vertrieben worden waren, kümmerte sich jeder nur noch um sich selbst. Majestix zog dann doch zu seinem Schwager nach Lugdunum, wo er einen gut bezahlten Job in der Verwaltung des Karnutenwalds bekam, sehr zur Freude von Gutemine, die in den vornehmsten Kreisen verkehrte, was sie sich ja immer gewünscht hatte. Miraculix verschlug es nach Massilia, wo er an seltsamen Tränken und Mitteln tüftelte, die viele seiner Druiden-Kollegen erst nicht ernst nahmen, dann aber doch selber verschrieben. Asterix blieb in der Gegend, wurde Stammkunde bei Kneipix und ertränkte seine Sehnsucht nach der guten alten Zeit in Unmengen Pastix. Obelix wurde zum stellvertretenden Direktor des bretonischen Arbeitgeberverbands gewählt und hatte ab da leider keine Zeit mehr, sich um seine Freunde zu kümmern.

Doch dann passierte unseren unbeugsamen Galliern das gleiche, was auch dem großen Rom widerfahren war – sie wurden bequem und richteten sich wie Majestix komfortabel im Leben ein. In Lutetia wurde ein Parlament gegründet, in dem die Geschicke ganz Galliens verwaltet wurden. Das passierte mal mehr und mal weniger geschickt, wie es halt im Leben so ist.

Doch dann tauchte eines Tages die Familie Lepenix auf und versuchte immer wieder nach der Macht zu greifen. Mal war es der böse Clanchef Jeanmarix, dann wieder seine nicht minder böse Tochter Marinada, doch sie hatten die Rechnung ohne den unbeugsamen Geist der Gallier gemacht. Immer wieder machten diese den Lepenix kurz vor der Machtergreifung einen Strich durch die Rechnung. Jakchirakix konnte die Machtergreifung von Jeanmarix ebenso verhindern wie später Jupiterix und die unbeugsamen Gallier wurden im Laufe der Jahre müde von dem ewigen Spiel. Die Losung war einfach – alles, nur nicht der Lepenix-Clan. Also votierten die unbeugsamen Gallier ein ums andere Mal für jeden, der sich gegen die verschiedenen Mitglieder des Lepenix-Clan stellte, in der Annahme, dass es schon nicht schlimmer als mit den unfreundlichen Lepenix werden könnte.

Wenn sich unsere unbeugsamen Gallier da mal nicht geirrt haben! Als Jupiterix an die Macht kam, änderte sich so manches in Gallien und diejenigen, die noch bei Alesia (wir wissen auch nicht genau, wo das liegt) gegen die Römer gekämpft hatten, schauten nun zu, wie Jupiterix langsam, aber sicher die seit Urzeiten verbrieften Rechte der Gallier abbaute. „Er ist auf jeden Fall besser als der Lepenix-Clan“, sagten die Leute und ließen ihn gewähren. Doch Jupiterix hörte auf niemand anderen mehr als Eddix, seinen Unterchef und Castanix, einen entfernten Verwandten des Sehers Lügfix, den er zu seinem Innenstatthalter gemacht hatte. Und da die unbeugsamen Gallier dachten, dass keiner von denen so verschlagen sei wie der Lepenix-Clan, glaubten sie alles, was Jupiterix, Eddix, Castanix und deren Freunde erzählten. Warum auch nicht?

Doch dann kam der Fluch von 2020 über Gallien und den ganzen bekannten Rest der Welt. Die Wisigothen erkrankten an einem seltsamen Virus, das aus dem fernen Osten kam, dann auch die Hispanier, die Germanen, die Goten – alle. Damit hatten weder Jupiterix noch Castanix gerechnet. Und als das seltsame Virus schwer die alamannischen Stämme im Osten Galliens erwischte, war guter Rat teuer, denn es war für nichts vorgesorgt worden. Zunächst hatte man noch die Wisigothen belächelt, die zuerst von dem Virus betroffen waren, denn, na klar, die Wisigothen waren ja dafür bekannt, im Norden des früheren Römischen Reichs ganz schön chaotisch und unorganisiert unterwegs zu sein. Doch dann wütete das Virus auch in Gallien.

Von dem Moment an, als Jupiterix und seine Freunde merkten, dass es auch in Gallien ernst wurde, und viele der unbeugsamen Gallier wissen wollten, was sie jetzt machen sollten und wie sie sich schützen könnten, schickte Jupiterix seine nubische Zauberin Sibetta, die den Galliern erklärte, dass alles nicht so schlimm sei und dass sie sich gar nicht schützen müssten. Die unbeugsamen Gallier waren es zufrieden und gingen heim. Da waren sie dann auch gut aufgehoben und Jupiterix und Eddix erklärten, dass sie dort auch zu bleiben hätten, zuhause. Auf unbestimmte Zeit. Denn, und das stimmte auch, dort waren sie am wenigsten der Gefahr durch dieses Virus ausgesetzt.

Miraculix meldete sich aus Massilia und erklärte, er habe ein Zaubermittel gegen das Virus, das aber wegen des Zeitdrucks noch nicht rundum getestet sei, doch angesichts der vielen Gallier, die dem Virus erlagen, würde es doch Sinn machen, könnte man es vielen Galliern im frühen Stadium der Krankheit verabreichen. Doch das wollten Jupiterix und seine Freunde nicht, auch, wenn andere Stämme wie die Helveten das Zaubermittel von Miraculix ebenso erfolgreich verwendeten wie er selbst in Massilia. Stattdessen überschlugen sich Jupiterix, Eddix und Sibetta mit widersprüchlichen Erklärungen, bis die zuhause ausharrenden Gallier gar nicht mehr wussten, was sie nun glauben sollten. Sollte man sich nun Masken vor das Gesicht halten oder nicht?

In den Hospizien wurde die Situation kritisch. Immer mehr kranke und sterbende Gallier wurden dort hingebracht, und auch das Pflegepersonal wurde nicht vom Virus verschont. Und es wurde in Lutetia immer mehr gelogen, so dass die unbeugsamen Gallier langsam weichgekocht wurden, weil sie nicht mehr wussten, was stimmte und was nicht. Oh, wie sehr wünschten sich die Gallier, dass Asterix und Obelix kämen und den Augiasstall in Lutetia ausmisteten! Doch ein Asterix ohne Zaubertrank mit von Pastix vernebeltem Hirn und ein Obelix, der nach Tausenden von Geschäftsessen (seiner Lieblingsbeschäftigung) inzwischen nicht mehr nur beleibt, sondern wirklich dick war, das reichte nicht mehr aus, um Ordnung in Lutetia zu schaffen.

Besonders schlimm war die Situation in und um Argentorum und südlich der großen Stadt – hier brauchte man nun wirklich dringend diese Masken. In Lutetia erzählten derweil Sibetta und Eddix immer noch, dass niemand diese Masken bräuchte, doch bestellten Castanix und seine Freunde dann doch große Mengen davon. Das gab den alamannischen Stämmen im Osten Galliens neuen Mut und sie warteten darauf, dass Händler aus dem Osten diese Masken brächten.

Doch als die Masken dann endlich im Süden der Region ankamen, ließ Castanix seinen Statthalter alle Masken beschlagnahmen und wegbringen. In Lutetia erklärte er vor den Vertretern der Stämme, dass das gar nicht stimmen würde, er habe gar nichts beschlagnahmen lassen. Doch im Osten Frankreichs fanden einige Nachrichtensammler die Dokumente, in denen der dortige Statthalter in Castanix Namen genau diese Beschlagnahmung angeordnet hatte, die zur Not sogar mit Hilfstruppen durchzuführen sei. Castanix hatte also gelogen, genau wie alle anderen in Lutetia gelogen hatten. Die Anordnung seines Statthalters lag auf dem Tisch. In Marmor graviert.

Im Grunde ist es schlimm, wenn die Chefs das Volk belügen, doch die inzwischen seit Wochen daheim eingesperrten unbeugsamen Gallier waren mittlerweile so verunsichert, dass sie beugsam wurden. Statt die ganze Bande aus Lutetia in das Dorf von Moralelastix an der Steilküste zu verbannen, zuckten sie mit den Schultern und nahmen es hin, dass sie belogen wurden.

Endet so die Geschichte? Leider noch nicht. Das Virus ist immer noch unterwegs und Jupiterix, Castanix, Eddix und die anderen bereiten sich für den Fall vor, dass die inzwischen beugsamen Gallier dann doch wieder unbeugsam würden. Mit den Masken hatte das zwar nicht so gut geklappt, aber in Lutetia hatte man wenigstens die Zeit genutzt, sich gut für den Moment zu bewaffnen, wenn die unbeugsamen Gallier nach Erklärungen fragen werden. Das werden sie dann bitter bereuen – die gallischen Feldhüter sind bestens vorbereitet und ausgerüstet, jeden aufmüpfigen und unbeugsamen Gallier in die Pfanne zu hauen. Wenigstens das kann man in Lutetia, das dafür aber auch richtig gut. Fortsetzung folgt. Vielleicht.

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