Die Verbotskultur

Der Stadtrat der niederländischen Stadt Haarlem verbietet Werbung für Fleischprodukte.

Werbung für Fleischprodukte? In Haarlem künftig nicht mehr...Foto: Jules Cheret / Wikimedia Commons / PD

(Karl-Friedrich Bopp) – Schon mal von der niederländischen Stadt Haarlem gehört? Ist Ihnen der Name der Stadträtin Ziggy Klazes ein Begriff? Wenn nicht, dann wird sich dies bald ändern. Auf den Vorschlag der grünen Politikerin ist der Stadtrat der 160 000 Einwohnerstadt der erste weltweit, der Werbung für Fleischprodukte verbieten lassen will.

Die saftigen Steaks für den Wochenendgrill, die Chicken Nuggets für zwischendurch. Nein, ihr Verbrauch ist (noch) nicht verboten, aber Werbung dafür soll bald nicht mehr auf Postern oder Anzeigetafeln erscheinen. So hat es zumindest der Gemeinderat der niederländischen Stadt Haarlem beschlossen. „Es sei erwiesen“, so die grüne Stadträtin Klazes, „dass weniger Fleischgenuss besser sei für unsere Gesundheit, die des Planeten und letztendlich auch für das Wohl der Tiere“.

Sie führt weiter aus, dass nach einer Studie der Vereinten Nationen weltweit fast 15 Prozent der durch Menschen verursachten Treibhausemmissionen auf die Haltung und Verarbeitung von Tieren zurückzuführen seien. Selbst in den Niederlanden kommt da bereits einiges zusammen: 100 Millionen Schlachthühner, 11 Millionen Schweine, 3,8 Millionen Rinder.

Inspiriert wurde die Haarlemer Entscheidung von anderen Städten des Landes wie Amsterdam, Leiden und Den Haag. Dort ist seit einiger Zeit keine Werbung mehr für Flugreisen, fossile Brennstoffe und Autos mit Verbrennungsmotoren erlaubt. Letztlich habe man in Haarlem diesen Produkten lediglich die Fleischprodukte hinzugefügt – zum Wohl der Tiere und des Klimas.

Umgesetzt ist der Beschluss des Stadtrates noch nicht. Über das Reklameverbot wird letztendlich die Justiz entscheiden. Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie werden wohl gegen die Entscheidung klagen. Nach einer Umfrage finden auch 90c% der Bevölkerung, dass solch ein Verbot eine unnötige Bevormundung des Einzelnen darstellen würde. Andere finden gar, dass Fleischkonsumenten durch das Werbeverbot stigmatisiert würden.

Laut Beschluss soll das Werbeverbot für Fleischprodukte 2024 greifen. Bis dahin blasen die Wurst- und Fleischliebhaber zum Gegenangriff. Die Fleischindustrie hat gerade eine Gegenkampagne gestartet mit dem Titel „Nederland Vleesland“ https://www.nederlandvleesland.nl/ , übersetzt „Niederlande – Land des Fleisches“.

Die Debatte hat aber auch Frankreich schon erreicht. Vor wenigen Wochen rief Sandrine Rousseau, grüne Abgeordnete in der Nationalversammlung, dazu auf, „die Mentalität zu ändern, dass ein auf einem Grill zubereitetes Steak als ein Symbol der Männlichkeit gilt“.

Keine Frage. Eine ausgeglichene Ernährung verlangt nach weniger Verzehr von Fleisch. Es steht auch außer Zweifel, dass dies dem Klima helfen würde. Nur, werden Verbotskultur und überspitzte Argumentation dem guten Zweck wirklich dienen?

Verhindert werden sollte jedenfalls, dass unsere Grills bald beim Alteisenhändler abgeben werden müssen und der Sonntagsbraten nur noch versteckt in Kellern genossen werden kann.

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