Die Wehrpflicht-Diskussion

Jetzt also auch noch Joschka Fischer. Der ehemalige Friedens-Aktivist fordert die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Um für die Freiheit zu kämpfen.

Künftig wieder eine Wehrpflicht, um mit diesen Spitzenkräften Putin in Frankfurt/Oder zu stoppen? Foto: Auge=mit / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Es ist wie immer – diejenigen, die laut nach der Wehrpflicht rufen, die junge Menschen an die Front schicken wollen, sind auch diejenigen, die selbst nicht mehr in Gefahr kommen können, selbst ins Kriegsgeschehen eingreifen zu müssen, weil sie entweder zu alt oder zu prominent sind. Aber dass jetzt diejenigen, die einst skandierten, „stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“ heute fordern, dass „man für die Freiheit kämpfen“ soll, ist schon seltsam. Was sie dabei nicht sagen, ist dass sie bereit sind, die jungen Leute an der Front für ihre ganz persönliche Freiheit auch sterben zu lassen.

Und so wandelt sich auch Joschka Fischer vom Saulus zum Paulus. Der in den 80er Jahren durch eine Verkettung glücklicher Umstände zum hessischen Umweltminister aufgestiegene Fischer, der später als Außenminister eine gute Figur machte, war in einer Partei, die einst eine „Friedens-Partei“ war. Doch heute sind die Grünen in Deutschland die schärfste Kriegspartei, deren Parteioberen in TV-Talkshows die Typenbezeichnungen von Haubitzen und Marschflugkörpern herunterbeten.

Der Bundeswehr fehlen rund 60.000 Soldaten, um die NATO-Vorgaben zu erfüllen und da hilft für viele deutsche Politiker nur eines – die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Dabei steht im Koalitionsvertrag, dass es hierzu in dieser Legislaturperiode nicht kommen wird. Zumal klar ist, dass weder eine Wehrpflicht, noch die pharaonischen Investitionen im Rüstungsbereich der Ukraine in irgendeiner Form helfen können. Es geht auch gar nicht um die Ukraine, sondern um die „Abschreckung“. Denn der Westen fühlt sich insgesamt von Putin bedroht, auch wenn dieser überhaupt nicht in der Lage wäre, den Westen anzugreifen und eigentlich auch diesbezüglich noch nie Ambitionen geäußert hat.

Wir werden immer weiter in den Kriegs-Modus hinein manipuliert, nachdem sich schon kein Widerstand regte, dass nun auch Europas Wirtschaft auf „Kriegswirtschaft“ umgestellt wurde. Und wenn das schon reibungslos durchläuft, dann kann man ja auch die Wehrpflicht wieder einführen.

Wofür brauchen wir eine Bundeswehr mit 240 000 Soldaten? Um uns vor russischen Raketen zu schützen? Es ist ausgeschlossen, dass eines Tages russische Soldaten vor der deutschen Grenze stehen und Anstalten machen, die Bundesrepublik überfallen zu wollen. Wofür also eine Wehrpflicht, wozu dann die unglaublichen Ausgaben für die „Kriegsbereitschaft“? Wären diese unvorstellbaren Summen nicht besser in den Kampf gegen den Klimawandel investiert, der inzwischen zweitrangig geworden ist? Wäre nicht eine Investition für das Leben sinnvoller als die Investition in den Tod?

Die Grünen müssen sich nicht wundern, dass ihnen die Stammwählerschaft davonläuft. Denn die Grünen haben sich einst aus drei außerparlamentarischen Bewegungen gegründet – der Frauen-Bewegung, der Anti-Atomkraft-Bewegung und der Friedens-Bewegung. Die Geschichte mit der Friedens-Bewegung haben die Grünen inzwischen zu den Akten gelegt, den Kampf für Frauenrechte werden sie wohl fortführen und eigentlich wäre es jetzt im Rahmen der „Kriegswirtschaft“ der nächste Schritt für die Grünen, den Neustart der stillgelegten AKWs in Deutschland zu fordern. Allerdings sollten sich die Grünen dann nicht mehr die Frage stellen, wieso sie heute in der Opposition sind und sich langsam Gedanken um ihr politisches Überleben machen müssen.

Aber dass Joschka Fischer, der einst ein großer Friedens-Aktivist war, heute nach der Wehrpflicht ruft, ist so etwas wie die intellektuelle Bankrott-Erklärung eines Politikers, der auf dem einst von Rudi Dutschke geforderten „langen Marsch durch die Institutionen“ von diesen mit Haut und Haaren gefressen wurde. Und so kann man Joschka Fischer nur empfehlen, möglichst still seine Rente zu genießen…

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