Die Welt (mit ihren Problemen) beginnt vor unserer Haustür

In Rheinhausen, ganz in der Nähe von Rust, befindet sich eine der Abhörzentralen, mit denen CIA und BND uns alle überwachen.

Hier wird angezapft, mitgehört, aufgezeichnet und alles an die CIA weitergegeben. Im Namen von Demokratie und Freiheit... Foto: Maltekebbel / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Der Emmendinger Kreisrat und Chef des Naturschutzbundes BUND Axel Mayer ist empört. „Seit über drei Jahrzehnten beschäftigt mich die Abhöranlage mit der Tarnbezeichnung „Ionosphäreninstitut Rheinhausen“ direkt vor meiner Haustür im Landkreis Emmendingen. Ein Geheimdienst lebt von Desinformation, eine Demokratie von Information!“

Als bekannt wurde, dass sich hinter dem irgendwie wissenschaftlich und doch nichtssagenden Namen „Ionosphäreninstitut Rheinhausen“ eine Abhörzentrale des BND befindet, versuchten sich die Behörden mit der guten, alten Beschwichtigungstaktik. In Rheinhausen, so hieß es immer, würden nur ein paar grenzüberschreitende Telefonate abgehört, doch die Erkenntnisse des NSA-Untersuchungsausschusses und Informationen von Edward Snowden besagen klar, dass diese Abhöreinrichtung eng mit der CIA zusammengearbeitet hat.

So entsteht ein prächtiges Netz, denn wenn bei uns die Gespräche im Ausland und im Ausland die Gespräche nach Deutschland abgehört, aufgezeichnet und ausgewertet werden, die Ergebnisse aber jedem Geheimdienst der westlichen Welt zur Verfügung gestellt werden, dann entsteht eine flächendeckende Überwachung. Und die Frage, wieso eigentlich Europäer nicht nur ihre eigenen Bürgerinnen und Bürger in dieser Form überwachen, sondern die dabei gewonnen Erkenntnisse auch noch mit den USA teilen, die schon lange nicht mehr die Bezeichnung „Rechtsstaat“ verdienen. Man sollte nicht vergessen, dass die Amerikaner ohne jede Rechtsgrundlage weltweit Menschen entführen, über ein Netz (inzwischen nicht mehr ganz so) geheimer Gefängnisse in verschiedenen Ländern bis nach Guantanamo schleusen und dass Menschen dort jahrelang ohne Verfahren einsitzen. Und wenn sich dann deren Unschuld erweist, beginnt für die Betroffenen das Problem von ganz anderer Seite – denn kein Land will ehemalige Guantanamo-Häftlinge aufnehmen.

Inzwischen ist dem einen oder anderen europäischen Land nicht mehr so ganz wohl bei dieser Totalüberwachung. So urteilte vor wenigen Tagen das englische Geheimdienstgericht „Investigatory Powers Tribunal“, dass der Zugriff englischer Geheimdienste auf Kommunikationsdaten von Millionen Menschen illegal ist. Was wohl in der Folge bedeuten müsste, dass auch das Abhören in Rheinhausen und die Weitergabe der entsprechenden Daten an Geheimdienste wie die CIA ebenfalls illegal sein müssten.

Doch inzwischen haben sich Geheimdienste zu einer Art „Staat im Staat“ entwickelt, die sich mit Erfolg jeder Art von Kontrolle entziehen. Alles im Namen des „Kampfes gegen den Terror“ – doch hat das massive Beschneiden von individuellen Bürgerrechten keinen der letzten großen Anschläge verhindern können. Stattdessen geben wir hohe Milliardenbeträge aus, um Rechte abzuschaffen, für die Jahrhunderte lang gekämpft werden musste. Dabei haben wir Monster geschaffen, die nur darauf warten, eines Tages in die falschen Hände zu geraten. Was zwangsläufig irgendwann passieren wird.

Das einzig Beruhigende, nämlich das Gefühl, als seien alle diese Dinge richtig weit weg, ist leider ein Trugschluss. Die globale Überwachung fängt bei uns vor der Haustür an. Nur einen Steinwurf vom Freizeitpark in Rust entfernt.

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