Die Weltkarte wird gerade neu gezeichnet

Durch den epochalen Gasdeal zwischen Russland und China verschieben sich die Kräfteverhältnisse der Welt auf dramatische Art und Weise.

Alle paar Jahre muss die Weltkarte neu gezeichnet werden. Es ist wohl wieder mal so weit. Foto: Wikimedia Commons

(KL) – Russland und China haben ein Abkommen unterzeichnet, dessen Auswirkungen noch unabsehbar sind. Bei dem Deal geht es um Gaslieferungen gigantischen Ausmaßes und um noch viel mehr. Mit diesem Vertrag binden sich beide Großmächte für 30 Jahre zusammen, was eben nicht nur wirtschaftliche, sondern vor allem politische Konsequenzen haben wird.

Die Zahlen sind beeindruckend. Ab 2018 wird der Staatskonzern Gazprom China jährlich mindestens 38 Milliarden Kubikmeter Gas liefern, das die Chinesen für ihre immer noch rasant wachsende Industrie braucht. Der Vertrag hat einen Lieferwert von 400 Milliarden Dollar (290 Milliarden Euro) und sieht ebenfalls den Bau einer Pipeline zwischen Russland und China vor. Projektvolumen für die Pipeline: 70 Milliarden Dollar. Wer heute noch in Millionen rechnet, muss sich schon wie ein Kleinkrämer vorkommen.

Mit diesem Deal verabschiedet sich Russland nicht nur für mindestens die nächsten 30 Jahre aus dem weiteren europäischen Dunstkreis, sondern verschiebt das Gleichgewicht der Kräfte klar in Richtung Osten. Die neue internationale Supermacht heißt Russland/China und wenn man bedenkt, dass heute schon rund 30 % der US-Wirtschaft China gehören, dann werden sich die USA anstrengen müssen, um selbst den Status einer Supermacht beizubehalten.

Das Timing dieses Mega-Deals ist nicht zufällig gewählt. Mitten hinein in russische Territorialwünsche in Richtung Westen (Ukraine, Transnistrien) hat Wladimir Putin den stärksten Verbündeten gewonnen, den man sich vorstellen kann. Die Hoffnung des Westens, China möge sich weiterhin neutral verhalten, hat sich damit zerschlagen. Wobei man damit auch rechnen musste – die chinesische Politik denkt kaum in internationalen Zusammenhängen, sondern ist aufgrund des extrem ausgeprägten chinesischen Nationalstolzes vor allem auf chinesische Interessen ausgerichtet.

Dass Russland diesen Deal dringend brauchte, führte zu einem Vorzugspreis für China, das damit ebenfalls einen Erfolg verbuchen kann. Der unstillbare Hunger der chinesischen Wirtschaft nach Energie ist damit zu einem günstigen Preis für drei Jahrzehnte gesichert. Dass China damit auch Russland gegenüber den USA und Europa massiv stärkt, ist ein Nebeneffekt, den die Chinesen billigend in Kauf nehmen.

Eng wird es nun aber für Europa und die Länder im direkten Umfeld Russlands, die Putin gerne in einer Art UdSSR 2.0 zusammenfassen würde. Putin braucht Europa nun nicht mehr als Absatzmarkt, kann der Ukraine problemlos den Hahn zudrehen und wird sich wirtschaftlich dem Wachstumsmarkt China zuwenden. Während sich gleichzeitig die Europäer überlegen müssen, wo sie ab 2018 genügend Energie zukaufen können.

In Deutschland könnte dies zum Ausstieg vom Ausstieg vom Ausstieg vom Ausstieg aus der Atomenergie führen, Länder wie Frankreich werden sich in ihrer Atomgläubigkeit bestätigt sehen. Natürlich nur so lange, bis einer der verrottenden Meiler wie Fessenheim oder Cattenom in die Luft fliegt.

Europa muss sich energiepolitisch unabhängig machen. Der einzige Weg, dies zu erreichen, ist die konsequente Fortsetzung der Energiewende, ohne wenn und aber. Auch andere europäische Länder sollten diesem Ansatz folgen – ansonsten darf sich ein Land wie Frankreich perspektivisch aussuchen, ob es pleite geht, weil es nicht mehr genügend Strom produzieren kann oder ob es pleite geht, weil es die horrenden Kosten für Rückbau und Endlagerung der radioaktiven Abfälle nicht mehr bezahlen kann. Wo liegt denn nur das Problem der Europäer mit der deutschen Energiewende? In Deutschland haben die erneuerbaren Energien mittlerweile Kohle, Atomenergie und Gaskraftwerke überholt und den Beweis angetreten, dass sie die sichere, saubere und kostengünstigste Energieversorgung der Zukunft darstellen.

Doch ab sofort ist die Frage der Erneuerbaren Energien keine weltanschauliche Frage mehr. Sie ist nun auch eine politische Frage, denn für die Versorgungssicherheit unserer Wirtschaft dürfte Russland ab 2018 ausfallen. Oder so teuer werden, dass es sich nicht lohnt, russisches Gas einzukaufen. Das aber sowieso nach China geliefert werden wird.

Umdenken müssen wir jetzt alle. Seit dem Ende des II. Weltkriegs hatten wir es uns mit dem Gedanken gemütlich gemacht, dass die Welt von Westen her dominiert wird. Dies mag vor einigen Jahren und Jahrzehnten auch der Fall gewesen sein. Doch mit diesem neuen Vertrag zwischen Russland und China bricht ein neues Zeitalter an. Auf die Epoche des Okzidents folgt nun die Epoche des Orients. Start: 2018.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste