Die Zeche zahlen wie immer die Ärmsten

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat in einer Studie festgestellt, dass Inflation und Teuerung logischerweise die Ärmsten am härtesten trifft.

Wollen wir wirklich zusehen, bis ein Teil der Bevölkerung wieder so seinen Lebensunterhalt erkämpfen muss? Foto: Núcleo Editorial - Bruno Farneze / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Wer arm ist, der läuft in Deutschland (und natürlich auch anderswo)  Gefahr, in den aktuellen Krisen unter die Räder zu kommen. Insbesondere für HartzIV-Empfänger (die man nun wohl „Bürgergeld-Bezieher“ nennen sollte) wird die Situation immer dramatischer. Doch dieser Teil der Bevölkerung hat praktisch keine Möglichkeit gegenzusteuern. Laut der DGB-Studie sind letztes Jahr die HartzIV-Empfänger „de facto unter das Existenzminimum“ gerutscht. Vielleicht sollte man doch einmal darüber nachdenken, wie es weitergehen soll, statt sich darauf zu beschränken, tonnenweise Waffen und Geld in die Ukraine zu schicken, ohne zu kontrollieren, was mit diesen Milliarden eigentlich passiert.

Dabei klang doch die Ansage von Olaf Scholz bei der Präsentation seines „Doppel-Wumms“ so nett, als er versprach, dass niemand in der Energiekrise alleine gelassen würde. Doch das Versprechen galt offenbar nicht für HartzIV-Empfänger und so haben die Scholz’schen Versprechungen ungefähr den gleichen Wert wie diejenigen des französischen Präsidenten Macron, der 2017 bei seinem Amtsantritt versprach, dass am Ende seines ersten Mandats „niemand mehr auf der Strasse schlafen müsse“. Aber wie sagte der frühere französische Präsident Jacques Chirac ganz richtig? „Versprechen von Politikern gelten nur für diejenigen, die an sie glauben“… allerdings sollten sich dann die Damen und Herren in den Regierungen nicht darüber wundern, dass die Menschen ihr Vertrauen in die Politik fast vollständig verloren haben.

Wie die ärmsten Mitglieder der Gesellschaft die gestiegenen Preise für Energie, Lebensmittel oder Verkehr stemmen sollen, ist unklar. In einer Situation, in der Deutschland die höchste Inflation seit 1951 erlebt, mit ungefähr 8 % über das Jahr 2022, ist es keine gute Idee, ein Viertel oder ein Fünftel der Gesamtbevölkerung alleine zu lassen. Und dass es bei einem „Doppel-Wumms“ von 200 Milliarden Euro, die wie immer dorthin gepumpt werden, wo sie am wenigsten gebraucht werden, nicht möglich sein soll, das Existenzminimum für den sozial schwachen Teil der Bevölkerung zu sichern, dass ist für eine links-grün-liberale Bundesregierung eine unglaubliche Schande.

Nun muss man allerdings davon ausgehen, dass sich der Schwund der Kaufkraft auch 2023 fortsetzen wird, dass die Inflation weitergeht, dass der Krieg in der Ukraine nicht endet und dass die Pandemie wieder durchstartet. Die Frage, ob die existentielle Bedrohung der sozial Schwächsten in Gewalt auf der Straße umkippt, stellt sich eigentlich kaum noch – die Frage lautet nur noch, wann dieser Punkt erreicht ist.

Natürlich kann man so weitermachen wie bisher, mit Patchwork-Maßnahmen, die relativ unbedacht entschieden werden, in der Hoffnung, dass sich bald alles wieder einrenkt und sich die Probleme von selbst lösen. Aber das werden sie nicht, und wenn die Verantwortlichen in unseren Regierungen und auf europäischer Ebene nicht bald damit anfangen, einen grundsätzlichen Systemwechsel vorzubereiten, dann werden das andere tun, die bei der Wahl ihrer Mittel nicht zimperlich zu Werk gehen werden.

Dass arme Menschen bereits vor der Krise eine Lebenserwartung hatten, die 10 Jahre unter der von Besserverdienenden liegt, das war bekannt. Doch sollte das kein Grund sein, diesen Menschen auch ihre kürzere Lebensspanne zu vergällen. Und langsam wird man das Gefühl nicht mehr los, dass unsere Regierungen völlig den Zugriff auf die Situation verloren haben und nur noch hilflos reagieren. Wobei selbst diese hilflosen Reaktionen keines der aktuellen Probleme auch nur im Ansatz lösen.

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