Dijon und Jerusalem liegen in Europa – Basketball Champions League bei SIG

In der zweiten Gruppenphase der Champions League befindet sich SIG Strasbourg mit Dijon und zwei Mannschaften aus Israel in einem Topf. Am Mittwoch kommen die Burgunder ins Elsass, am 28. März eine der beiden Mannschaften aus dem Nahen Osten.

Der harte Hallenboden der Tatsachenentscheidungen in der Straßburger Rhenushalle von SIG. Schiedsrichter haben es nicht leicht: Obwohl sie doch immer abseits stehen, werden sie so manches Mal zum Mittelpunkt. Foto © Michael Magercord

(Michael Magercord) – Europa ist ein wunderlicher Kontinent: Gleichsam so klein und doch greift er weit über seine geografischen Grenzen hinaus. Zumindest im Sport. Kasachstan, die Staaten des Kaukasus und auch Israel gehören den europäischen Sportverbänden an, und so konnte es passieren, dass den Straßburger Basketballern von SIG im europäischen Wettbewerb nicht nur eine Mannschaft aus der heimischen Liga zugelost wurde, sondern gleich noch zwei Teams aus Israel. Die langen und strapaziösen Reise zu den Auswärtsspielen unter der Woche ermüden die Reisenden so sehr, dass sie dann am Wochenende in der Liga erst einmal dafür ihren Tribut zollen müssen – ist das gerecht?

Das ist eine große Frage, die sich, wenn es sich um eine Losentscheidung handelt, eigentlich gar nicht stellt. Reines Pech, sich darüber aufzuregen, lohnt also nicht. Auf dem Spielfeld mag sich das aber manchmal anders darstellen. Dort gibt es für diese Frage ja die Experten, die auf jeden Sportplatz zu finden sind und sich Schiedsrichter nennen. Allerdings können ihre Entscheidungen, die im Namen der großen Gerechtigkeit gefällt werden, wiederum für kleine Ungerechtigkeiten sorgen. Zumindest für gefühlte. Doch lohnt es sich, nun darüber aufzuregen? Dazu gibt es dann oft zwei Meinungen, so wie nach dem denkwürdigen BCL-Hinspiel von SIG Strasbourg gegen den Vertreter aus Holon, einem Vorort von Tel Aviv.

Man hat ja auch im Basketball alles versucht, solche Meinungsverschiedenheiten gar nicht erst aufkommen zu lassen. Den Videobeweis gibt es schon lange, allerdings ist das Spiel doch recht flott und alles ganz genau zu erkennen, bleibt für Schiedsrichter schwierig. Der Basketball-Gerechtigkeit kommt allerdings entgegen, dass pro Begegnung immer recht viele Punkte erzielt werden und sich so der Ausgleich der Ungerechtigkeiten, den man auch ausgleichende Gerechtigkeit nennt, meist schon in dem einen Spiel vollzogen hat. Gerechtigkeit hat ja auch eine zeitliche Dimension, die auf dem politischen und sogar privaten Spielfeld – man mag es in so manchen bis auf Blut geführten Debatten beklagen – völlig außer Acht gelassen wird: Denn wo es heute gegenüber der einen Seite ungerecht zugehen mag, kann es morgen schon wieder anders herum sein. Würde man diese Lebenserfahrung öfter mal gelten lassen, bevor man sich ereifert, könnte es mancherorts vielleicht etwas entspannter zugehen.

Und normalerweise ist das auch so beim Basketball. Doch bei diesem Spiel zwischen Straßburg und Holon Ende Januar in Wacken war alles anders. Das Spiel stand auf Messerschneide, zweimal ging es in eine jeweils fünf-minütige Verlängerung, die beim Basketball Overtime heißt. Spannung pur, bis zur letzten Sekunde, in der Straßburg schließlich mit zwei Punkten die Nase vorn hatte: Sieg für SIG! Aber damit war die Partie noch nicht vorbei, denn danach gibt es ja immer noch die Pressekonferenzen der Trainer.

Denn tatsächlich konnten es alle sehen: so manche Entscheidungen der drei Schiedsrichter waren ziemlich interpretationsfähig. So gaben sie ganz kurz vor Schluss vier statt der übliche zwei Freiwürfe in Folge für SIG, womit die Straßburger das Spiel noch einmal drehen konnten. Was sagten da nun die Trainer? Beide waren sich einig: Über Fragen der Gerechtigkeit spricht man nicht, das lohnt sich im Nachhinein einfach nicht. Und trotzdem brachten beide Trainer mit nahezu denselben Worten ihre völlig unterschiedlichen Positionen zum Ausdruck: der Verlierer sagte, er wolle ausdrücklich erwähnen, dass er sonst nie über diese Frage sprechen wolle, sie nicht einmal erwähne. Und der Sieger-Trainer bestätigte, er wolle auch heute ausdrücklich nicht darüber sprechen, weil er auch sonst nie darüber rede. Luca Banchi riet einfach dazu, das Grübeln sein zu lassen und diesen spannenden und schließlich für das Heimteam glücklichen Ausgang einfach zu genießen, denn allzu oft wird man solch einen Abend hier nicht mehr erleben.

Ob man also die schwerwiegende Frage nach der absoluten Gerechtigkeit vielleicht sowieso lieber den göttlichen Sphären überlassen sollte und auf dem irdischen Boden der Tatsachen sich damit beschränken, was gerade noch so zu rechtfertigen ist? Und bekanntlich ist der härteste Boden ja der Hallenboden. Dort wird schon am Mittwoch die nächste Probe auf Exempel folgen, wenn die Mannschaft aus Dijon auf europäischer Ebene in Wacken auf SIG trifft. Und am Monatsende kommen dann erneut Gäste aus dem heiligen Land. Dieses Mal direkt aus Jerusalem, der Stadt der drei Weltreligionen, die auch in Europa zuhause sind und sich ganz besonders mit der Frage nach der Gerechtigkeit befassen.

Mal sehen, wie kalt und ach so vernünftig man bleiben kann, wenn sich wieder so manche Ungerechtigkeit einstellen wird. An der Außenlinie jedenfalls wird auch der coolste Typ während des Spiels so manches Mal zum Rumpelstilzchen. Peinlich genug, wie der italienische Trainer der Elsässer schon einmal eingestand. Die Familie, die in der fernen Heimat seine Spiele am Fernseher verfolgt, würde ihm dann immer wieder sagen: Beherrsch’ dich doch mal, wie sieht das denn aus, vor all den Leuten. Als Zuschauer haben wir es da natürlich besser, bei uns sieht wenigstens keiner so genau hin, wenn man mal wieder vor lauter Ungerechtigkeiten zum Himmel schreit.

SIG Strasbourg – Dijon
Gruppenspiel in der Basketball Champions League
MI 8. März, 20 Uhr
Rhenushalle – Stadtteil Wacken

Tickets und Infos unter: www.sigstrasbourg.fr

Weitere Heimspiele in der französischen Liga und der BCL im März und April:
SA 11.03. 20 Uhr: SIG – Metropolitain (Liga)
MI 22.03. 20 Uhr: SIG – Jerusalem (BLC)
SA 25.03. 20 Uhr: SIG – Gravelines (Liga)
SA 1.04. 20 Uhr: SIG – Blois (Liga)
SA 15.04., 20 Uhr: SIG – Dijon (Liga)

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