Direkt gefragt

Die IHK Südlicher Oberrhein nahm vier Landtagswahl-Kandidaten unter die Lupe.

Sie stellten sich den Fragen von IHK-Präsident Dr. Steffen Auer (r.): (v.l.) Jens-Arne Buttkereit (FDP), Gabi Rolland, MdL (SPD), Dr. Patrick Rapp, MdL (CDU), und Edith Sitzmann, MdL (Bündnis 90/Die Grünen). Foto: Michael Bode.

(NB) – In rund fünf Wochen wählt Baden-Württemberg seinen 16. Landtag. Die Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein hat einigen der Kandidatinnen und Kandidaten aus dem südlichen Kammerbezirk vorab auf den wirtschaftlichen Zahn gefühlt. IHK-Präsident Dr. Steffen Auer bat in Freiburg zur Podiumsdiskussion.

Aus dem Wahlkreis Freiburg II (West) stellten sich Edith Sitzmann, MdL (Bündnis 90/Die Grünen), und Gabi Rolland, MdL (SPD), den Fragen von Auer. Aus dem Wahlkreis Breisgau nahm Dr. Patrick Rapp, MdL (CDU), an der Runde teil; aus dem Wahlkreis Freiburg I (Ost) war Jens-Arne Buttkereit (FDP) dabei. Einig waren sich alle Personen auf dem Podium: Die Wirtschaft in Baden-Württemberg stehe gut da. Doch wie sieht das in den kommenden Jahren aus? Anhand der Bereiche Infrastruktur, Bildung und des aktuellen Themas “Flüchtlinge” wollte der IHK-Präsident von den Landtagswahl-Kandidaten wissen, was sie für eine prosperierende Zukunft des Landes tun wollen.

„Die Projekte, die man beginnt, sollte man beenden, bevor man weitere Spatenstiche macht“, forderte Edith Sitzmann zum Themenspektrum “Infrastruktur”. 120 Millionen Euro habe ihre Partei in den vergangenen fünf Jahren in Erhalt und Sanierung der Straßen geleitet. Und auch in den Öffentlichen Personennaheverkehr habe man investiert. Die Rheintalbahn bezeichnete die Grünen-Politikerin als „entscheidend für die Wirtschaft“. Sie bedauere, dass der Freiburger Stadttunnel im Bundesverkehrswegeplan noch nicht im vordringlichen Bedarf zu finden sei.

Beim Thema “Infrastruktur” sagte Patrick Rapp, dass es um mehr gehe als um Straße und Schiene. „Es geht auch darum, die Fachkräfte in den ländlichen Raum zu bekommen.“ Er kritisiere, dass Winfried Hermann, Minister für Verkehr und Infrastruktur in Baden-Württemberg, die sogenannten Swing-Mittel, also Geld aus Berlin, das andere Länder im Straßenbau liegengelassen hätten, nicht abgerufen habe. Gabi Rolland sagte, ihre Partei wolle die Verteilung der Mittel – 40 Prozent für die Straßen, 60 Prozent für die Schiene – weiter beibehalten. „Bei den Straßen werden wir aber den Neubau stärker berücksichtigen.“

Jens-Arne Buttkereit forderte mehr Effizienz auf den Baustellen im Land. Für eine Infrastruktur, die zur positiven Weiterentwicklung der Wirtschaft beitrage, wünschte sich der IHK-Präsident von der zukünftigen Landesregierung genug Planstellen in der Verwaltung und genug Straßenbauprojekte, um jederzeit etwaige zusätzliche finanzielle Mittel nutzen zu können.

„Bezüglich der Bildung habe ich eine weitere Bitte an Sie“, leitete Auer das zweite Thema der Diskussionsrunde ein. „Verfallen Sie auch bei einem etwaigen Regierungswechsel nicht in eine Schulsystemdiskussion, sondern konzentrieren Sie sich auf die Ausbildung, die Qualität und die Anzahl der Lehrer.“ Buttkereit gestand, dass seine Partei nicht begeistert sei von der Gemeinschaftsschule. „Aber für den Schulfrieden werden wir es so lassen, wie es ist.“

Rolland gab sich überzeugt, dass die Gemeinschaftsschule gut sei für Kinder. „Hier gibt es noch weiße Flecken, die gilt es zu entfernen.“ Schließen werde die CDU keine Gemeinschaftsschule, versicherte Rapp, „wenn sie auch Geburtsfehler haben.“ Sitzmann betonte, dass ihre Partei in den vergangenen fünf Jahren ein verlässlicher Partner in Sachen Bildung gewesen sei. „Und das wollen wir auch bleiben.“

Den Trend, dass derzeit immer mehr Jungen und Mädchen ein Gymnasium besuchen, Abitur machen und studieren, sieht Auer mit Sorge. „Denn für eine gut funktionierende Wirtschaft in unserer Region brauchen wir mehr ausgebildete Facharbeiter als studierte Ingenieure.“ Er wollte von den Landtagswahl-Kandidaten wissen, wie sie eine Umkehr von diesem Trend schaffen wollen. Eine mögliche Unterstützung seien Berufsschul-Internate, schlug Buttkereit vor. „Sonst ist der Weg zur Berufsschule oft einfach zu weit.“

Gabi Rolland brachte die Idee des Dualen Gymnasiums auf, an dem die Berufsorientierung nicht nur im Fach Wirtschaft eine Rolle spiele. Sitzmann bezeichnete gerade die Gemeinschaftsschule als „Beitrag zur Unterstützung der Dualen Ausbildung“. Rapp sagte, eine Umkehr von dem von Auer erwähnten Trend sei nur durch ein Umdenken möglich: „Wir müssen aufhören zu denken, wer Abitur und Studienabschluss hat, ist ein feinerer Mensch.“

Zur aktuellen Flüchtlingsfrage fragte der IHK-Präsident schließlich nach den Plänen der Parteien zur Integration der Menschen. „Ich bin froh, dass die Unternehmer die Zuwanderung der Flüchtlinge als Chance sehen“, lobte Sitzmann. Wichtig sei nun die Sprachförderung. Wenn nötig, müssten pensionierte Lehrer zur Unterstützung in den Schuldienst zurückgeholt werden. Sprache, so die Überzeugung von Rolland, würden die Flüchtlinge jedoch nicht nur auf der Schulbank lernen. „Die Sprache lernt man viel besser im Ausbildungsbetrieb oder im Verein.“

Auch deshalb wünsche sich Rapp eine intensivere Kooperation mit Vereinen. „Gerade um die Kinder zu integrieren.“ Buttkereit forderte: „Letztendlich muss gelten: Wer sich gut integriert, darf bleiben.“ Auer stimmte den Äußerungen der Politiker zu: „Die Politik muss hier Lösungen finden. Wir Unternehmer jedenfalls sind bereit.“

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