Donnerstag ist Covid-Show

Immer wieder donnerstags tritt die französische Regierung in häufig gleicher Besetzung zur Covid-Show an. Dieses Mal fiel sie besonders launig aus – der Gesundheitsminister hatte Geburtstag.

Was soll man donnerstags nur schauen? Castex und Véran oder Statler und Waldorf? Die Wahl wird immer schwerer... Foto: kurnmit / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(KL) – Dafür, dass Premierminister Jean Castex, Gesundheitsminister Olivier Véran und Bildungsminister Jean-Michel Blanquer nicht sonderlich viel Neues über die Pandemie zu berichten hatten, hielten sie ziemlich lange vor den Kameras durch. Und nach diesen donnerstäglichen Covid-Shows blickt ohnehin niemand mehr durch – das einzige, das an Nachricht durchdringt, ist, dass man nach wie ziemlich zufrieden mit sich ist, dass das Schlimmste erst einmal überstanden sei, dass schon in wenigen Wochen das normale Leben wieder losgehen kann und dass man aber bitteschön bis dahin noch die Hufe stillhalten soll. Während der Informationsgehalt dieser TV-Shows zur besten Vorabendsendezeit ständig sinkt, steigt dafür der Unterhaltungswert. Die Protagonisten sind inzwischen abgebrühte Medienprofis, die es mitunter schaffen, völlige Misserfolge als sehr gutes Ergebnis ihrer Arbeit darzustellen.

Dabei wäre das gar nicht nötig. Den Menschen ist seit über einem Jahr durchaus klar, was um sie herum passiert. Reiner Wein wäre verträglicher als das eitle Herumstolzieren und sich-selber-loben. Als „gute Nachricht“ wurde beispielsweise verkündet, man habe bei den Neuinfektionen ein „Plateau“ erreicht. Dieses liegt bei 30.000 Neuinfektionen pro Tag. Aber vielleicht ist das ja tatsächlich eine gute Nachricht, wenn man die anderen „guten Nachrichten“ hört. So sind „nur“ noch 45 Departements (also rund die Hälfte aller französischen Departements) auf einem ziemlich alpinen „Plateau“ angekommen, das zwischen einer Inzidenz von 300 und 500 pendelt.

Die aufgrund dieser „erfreulichen Entwicklung“ geplanten Lockerungen sind angesichts dieser Zahlen erstaunlich. Noch nächste Woche sollen die Kleinsten wieder in die Schule, eine Woche später die älteren Schüler. Eine ausgezeichnete Idee zu einem Zeitpunkt, an dem das ursprüngliche Virus zu 97 % von einer Variante verdrängt wurde, die verstärkt Kinder und Jugendliche betrifft. Und dann, so plus/minus Mitte Mai, sollen auch die Geschäfte, Terrassen und alles Mögliche andere wieder öffnen.

Dazu herrschen für Einreisende aus einigen Ländern ab sofort deutlich härtere Regeln, wie eine 10-tägige Quarantäne bei der Einreise, auch, wenn der Reisende geimpft ist oder einen aktuellen negativen Test vorlegen kann. Das ist eine gute Nachricht, eine sehr gute sogar. Ausbreitung und Mutationen lassen sich so am ehesten eingrenzen. Nicht so toll ist hingegen, dass zur Kontrolle dieser Quarantäne 90.000 Polizisten mobilisiert werden. Für eine Handvoll Reisende aus Indien, China und ein paar anderen Ländern? Wird hier gerade eine omnipräsente Polizeipräsenz eingeführt, im Vorgriff auf den Protest-Tsunami, mit dem die Regierung in den nächsten Monaten so oder so wird leben müssen?

Dafür, und da zeigten sich Castex und Véran von der generösen Seite, müssen demnächst keine Ausgangsgenehmigungen mehr mitgeführt werden, wenn man unterwegs ist. Zumindest tagsüber nicht. Und man darf sich sogar wieder weiter weg als 10 km von der Wohung weg bewegen. Aber einen „wichtigen Grund“ sollte man doch besser haben. Oder auch nicht.

Bei der Fragen-und-Antwortenrunde mit den Journalisten der so genannten „Präsidialpresse“ (die einzigen Medien, die in den Palästen der Macht in Paris Zutritt haben), wird es lauschig. „Happy Birthday, Mister Gesundheitsminister!“ – „Ich bitte Sie, mit 55 ist man doch nicht alt!“ An dieser Stelle wäre eine Stepptanz-Einlage angebracht gewesen, oder eine Riesentorte, aus der eine Bikini-Tänzerin springt. Aber so weit sind sie (noch) nicht.

Zum Sendeschluss die Ermahnungen des Regierungschefs. „Das alles klappt natürlich nur, wenn Sie alle mitziehen!“ Das stimmt ja durchaus, aber es klingt auch „und wenn es nicht klappt, dann weil Sie nicht richtig mitgezogen haben“ mit. Und das ist falsch. Denn solange man, wie Gesundheitsminister Véran sagte, auch regionale Lösungsansätze in Erwägung zieht, dann kann man selbst bei höchster Disziplin der Bevölkerung nicht damit rechnen, dass irgendetwas klappt.

Aber egal, es hat schon schlechtere Shows am Donnerstag gegeben. Die Wahl zwischen der Covid-Show und der Muppets Show wird immer schwieriger, wenn beide gleichzeitig laufen…

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