DUSA: Neues aus dem Absprachenhimmel

Sachen gibt's, die gibt's nicht. Dieses Telefonprotokoll gehört garantiert dazu.

Top Secret: Allergrößte Vorsicht und modernste Vertuschungstechnik sind gefordert, wenn man sich unbemerkt absprechen will. Foto: Bicker.

von Arne Bicker

Gibt es noch Jemanden, der nicht weiß, dass die USA und Deutschland heute Abend um 18 Uhr mit einem Unentschieden sicher ins Achtelfinale einrücken würden und eine ähnliche Konstellation 1982 bei der WM in Spanien zu einem weltweit vielbeachteten Spiel zwischen Deutschland und Österreich geführt hatte? Da braucht es nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass die beiden Trainerfreunde Jürgen Klinsmann und Jogi Löw, einst Nationaltrainer und Co-Trainer auf dem gleichen Ast, entgegen aller Ankündigungen ein harmloses Telefonat miteinander führen könnten, dass, würde es denn stattfinden, von der NSA abgehört worden sein könnte. Hier ein mutwillig erdachtes Gesprächsprotokoll:

L: Hallo? Hier Löw, wer spricht dort?

K: I am it, Klinsi! Can we talk?

L: Der Jürgen! Woher soll ich denn wissen, dass du es wirklich bist?

K: Stell mir eine Fangfrage!

L: Hm, OK, wer ist 2006 nicht Weltmeister geworden?

K: Wir beide.

L: Stimmt, du bist es wirklich.

K: Also, dann können wir jetzt mal kurz, so unter Noch-Nicht-Weltmeistern, ein kleines Schwätzle halten?

L: Worüber willst du denn reden? Doch hoffentlich nicht über…

K: …pssst, da hören welche mit, ich weiß das, schließlich lebe ich da ja jetzt, in – du weißt schon wo.

L: Du meinst, die Enn-Ess-Äi würde…

K: PPSSSSTTTT!!!! Keine direkten Namen verwenden, Joach…, Johannes! Nennen wir diese Einrichtung, die du meinst, einfach, sagen wir, die NASE.

L: OK, Jür…, äh, Janosch, ich hab auch von diesem Snow…, äh, von diesem Schneemann gelesen, und dessen Nase hört also zu, grad jetzt?

K: Da kannst du von ausgehen, Adalbert. Die haben mir ja sogar extra angeboten, ob ich gewisse Protokolle aus eurem Mannschaftshotel, äh, also, puh. Vergiss es.

L: Was soll ich vergessen? Und was hast du eigentlich auf dem Herzen, äh, Hubertus?

K: Naja, es geht schon um das Dings, also, aber eher so ohne Bums, verstehst du, Bernd?

L: Nö, nicht so ganz, Franz…

K: Anders gesagt: Du warst doch früher immer so ein ausgeglichener Typ. Ich wollte nur mal nachfragen, ob sich das eigentlich immer noch so verhält, Norbert?

L: Ach so, du meinst, du denkst an den Nichtangriffs-, äh, Akt von Gi…

K: …braltar, im 30jährigen Krieg oder so, genau, Guido.

L: Ich glaub, das können wir nicht machen. Wir sind ja, wie soll ich sagen, äh, also keine dreißigjährigen Krieger mehr, oder, Detlev?

K: Häh?

L: Ich meine, die Nase ist überall, auch im Stadion, die guckt zu, und noch ganz viele andere, Andreas.

K: Ach so. Wir müssen das einfach cleverer anstellen, Achim.

L: Und wie, Werner?

K: Ich hab gehört, du stellst doch eh keine Stürmer mehr auf, Arnulf, da könntest du doch einfach mal nur noch ein bisschen mehr übertreiben, Siegbert.

L: Mensch Ludolf, das geht nicht, da reiten wir uns beide in die Bredouille!

K: Häh? Liegt das nicht in Frankreich? Und wieso willst du da hinreiten, jetzt mal im Ernst?

L: Frankreich? Sind die nicht schon weiter? Ach so, du willst die Nase verwirr…klichen, Ferdinand…

K: Klichen? Du meinst Cliquenbildung? In Sachen Kirsche? So weit würde ich nicht gehen, Gerhard…

L: Ja was denn nun, Gehen? Oder Reiten? Robert?

K: Hauptsache, bei dir macht keiner den Hrubesch, Horst.

L: Ist das nicht dieses Weltraummikroskop, oder liegt das an deiner amerikanischen Aussprache, Anselm?

K: Eben, wir sprechen gar nichts aus, wir denken uns nur was, Friedhelm.

L: Denken ist gut, das dürfen wir machen, Joachim.

K: Joachim? Bist du nicht…ah, ist das raffiniert. Das kann die Nase bestimmt nicht riechen. Gell, Jürgen!

L: Jaaah, ich bin der Jürgen, stimmt genau, der Jühürgen! Macht fast schon Spaß, so ein bisschen verdeckte Verwicklungen zu führen, äh, Frank.

K: Genau, so machen wir’s. Ich meine, wir machen natürlich gar nichts, also nichts, was wir geplant hätten nicht zu machen. Wenn, dann passiert nur das nicht, was sowieso nicht passiert, also quasi ganz von alleine, also ohne Zutun, ohne unseres jedenfalls. Wir können in jedem Fall rein gar nix dafür. Und das hat auch überhaupt nix mit diesem Gespräch zu tun, dass wir ja im Übrigen auch gar nicht führen, gell, Norbert, alte Nase?

L: Stimmt, Friedolin, so sieht’s aus, es ist wie es ist, und es läuft wie es läuft. Und sind wir nicht alle manchmal ein bisschen…machtlos? Ich versteh eh kaum was, da ist so’n Summen in der Leitung. Hallo, bist du noch da?

K: Ich versteh dich auch kaum noch, Kalle. Also, dann danke ich dir mal, also natürlich für nix besonderes, ich meine, nur einfach so, Walter.

L: Nix zu danken, Bernhard.

K: OK. Tschüss Uwe!

L: Ciao Eckhard!

 

Bemerkung des abhörenden NSA-Dataminers:

[Deutscher Bundestrainer Löw legt auf. Schalte um auf mobile Trainerzimmerbettwanze.]

 

F: Wer war das, Chef?

L: Ach, niemand, quasi verwählt, äh, Stanislaus.

F: Stasi raus?

L: Ja, genau, das trifft’s sogar ziemlich gut. Komm, wir gehen nochmal die Aufstellung durch. Wie viele Verteidiger haben wir eigentlich noch im Kader? Und gibt’s vielleicht ein paar unauffällig Verletzte?

F: Chef?

L: Ja?

F: Das war doch nicht etwa der Jür…

L: PPPSSSSSSTTTTTTTT! Denk‘ an die Nase!

F: Ah, ja. Wir sollen nicht mehr popeln, stimmt’s?

L: Popeln? Ja. Nein. Ich meine. Äh.

F: Komm, wir gehen jetzt zur Teambesprechung.

L: Das wollt ich ja gerade sagen.

 

[Beide verlassen den Raum. Tür wird von außen geschlossen. Schalte um auf Aufzug-, Flur, Besprechungsraum-, Mannschaftsbus-, Kabinen- und Entmüdungsbeckenunterwassermikrofone.]

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