Ein Feiertag, den man auch in Deutschland feiern sollte…

Heute ist fast auf der ganzen Welt Feiertag. Nur in Deutschland nicht. Denn in Deutschland hat man immer noch nicht begriffen, dass es ein Segen war, dass Deutschland beide Weltkriege verloren hat.

Vor 102 Jahren endete im Wald bei Compiègne der I. Weltkrieg. Unverständlich, dass ausgerechnet Deutschland diesen Tag nicht zum Gedenktag macht. Foto: Harold Piffard / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Jedes Jahr ist es das Gleiche. Am 11. November und am 8. Mai gedenkt die ganze Welt dem Ende der beiden Weltkriege des letzten Jahrhunderts. Die ganze Welt, nur Deutschland nicht. Denn in Deutschland glauben immer noch viele, dass Deutschland diese beiden Kriege verloren hat. Dabei stimmt das gar nicht – die Tatsache, dass Deutschland militärisch in zwei Weltkriegen unterlegen war, hat sowohl Deutschland als auch die ganze Welt vor Schlimmerem bewahrt. Dafür sollten gerade wir Deutschen unendlich dankbar sein und gemeinsam mit dem Rest der Welt diese beiden Tage als „Weltfriedenstage“ feiern.

Am 11. November 1918 musste die deutsche Heeresführung am frühen Morgen in einem Eisenbahn-Waggon im Wald beim nordfranzösischen Compiègne einen Waffenstillstand unterzeichnen, der faktisch die bedingungslose Kapitulation Deutschland war. Das Ende der Kampfhandlungen war auf 11 Uhr morgens terminiert, doch vier Jahre des sinnlosen Tötens gingen auch am letzten Kriegstag weiter – zwischen der Unterzeichnung der deutschen Kapitulation und dem tatsächlichen Ende der Kampfhandlungen verloren noch einmal 2.738 junge Soldaten ihr Leben. Wie sinnlos.

Dass Deutschland auch 102 Jahre nach diesem Tag nicht in der Lage ist zu erkennen, wie wichtig es war, dass Deutschland diese beiden Kriege nicht gewonnen hat, ist traurig. Und gefährlich. Denn immer häufiger hört man ein neues Geschichts-Narrativ, nachdem Deutschland nicht alleine die Schuld an diesem I. Weltkrieg trug. Bevor sich eine solche Geschichtsverfälschung durchsetzt, wäre es vielleicht sinnvoller, würde man auch in Deutschland diesen 11. November begehen und den Tag nutzen, um den I. Weltkrieg im Schulunterricht zu thematisieren.

Wie wichtig die Erkenntnis ist, wohin übersteigerter Nationalismus und Militarismus führen, das sieht man heute. Überall auf der Welt muss sich die Demokratie autoritären Machthabern erwehren, die den Hass auf alles schüren, was anders ist. Ob „White Supremacy“ in den USA, ob die wirren Träume von einem Ottomanischen Reich 2.0 eines Erdogan, ob AfD, Rassemblement National, Vlaamse Belang oder andere rechtsextreme Gruppierungen in anderen Ländern – all diese Extremisten wollen eine Situation herbeiführen, in der solche kriegerischen Auseinandersetzungen wieder denkbar werden.

„Nie wieder Krieg!“, heißt es auf den Gedenkveranstaltungen und so richtig dieser Wunsch auch ist, er hat nichts mit den Realitäten der Welt im Jahr 2020 zu tun. Kriege, Bürgerkriege, Wirtschaftskriege, Glaubenskriege – die Welt ist ein einziges Schlachtfeld, das heute noch nach den gleichen Prinzipien wie vor 102 Jahren funktioniert. Kriege werden immer auf dem Rücken der „kleinen Leute“ ausgetragen, während sich die ganz Reichen durch den Krieg die Taschen füllen.

Da muss man nicht ausgerechnet in Deutschland schamhaft dieses Datum verschweigen – sondern das Gedenken mit denjenigen teilen, die unter der deutschen Großmannssucht gelitten und ihr Leben verloren haben. Nein, die Welt wird nicht am deutschen Wesen genesen und es wird allerhöchste Zeit, dass auch in Deutschland am 11. November und am 8. Mai dem Ende von zwei Kriegen gedacht wird, bei denen rund 100 Millionen Menschen getötet wurden. Wer „Nie wieder Krieg!“ ruft und dabei glaubwürdig sein will, der muss auch am Gedächtnis an diese verbrecherischen Kriege arbeiten. Zum Beispiel durch einen oder zwei „Weltfriedenstage“. Denn wenn jemand erleichtert sein muss, dass Deutschland diese Kriege nicht gewonnen hat, dann wir Deutschen. Man mag sich gar nicht ausmalen, wie die Welt heute aussehen würde, hätte Deutschland diese Kriege gewonnen. Darum sollte heute jeder und jede einen mitfühlenden Gedanken an die Opfer des I. Weltkriegs denken. Und dann alles daran setzen, dass die nationalistischen Brunnenvergifter in unseren Reihen keine Chance mehr haben.

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