Ein fetter Schluck aus der Pulle…
Fast hätten wir uns Sorgen um das finanzielle Wohlergehen der Bundestagsabgeordneten gemacht. Aber zum Glück gönnen diese sich die höchste Diätenerhöhung seit 29 Jahren.
(KL) – Geben Sie es zu, auch Sie hatten schon überlegt, den Abgeordneten in Berlin ein Care-Paket zukommen zu lassen, vor lauter Sorge, dass diese sich nicht dreimal am Tag etwas zum Essen leisten können. Doch bevor ein echter Notstand im Berliner Regierungsviertel droht, erhalten die 734 Abgeordneten des Bundestags eine Diätenerhöhung von 635,50 € im Monat und auch die Ruhestandsbezüge werden entsprechend nach oben korrigiert. Das ist schön, denn jetzt müssen nicht einmal mehr AfD-Abgeordnete zum Monatsende Bargeld aus Russland annehmen, um im Discounter einkaufen zu können.
Die Diäten belaufen sich für alle Abgeordnete ab dem 1. Juli auf 11.227,20 € im Monat, allerdings kommen zahlreiche weitere Vergünstigungen dazu. Erste Klasse-Bahncard 100, zahlreiche Büffets bei allen möglichen Anlässen, bei denen man noch nie einen Abgeordneten das Portemonnaie hat zücken sehen, und und und. Da wäre es nicht zumutbar gewesen, wenn diejenigen, die Otto Normalverbraucher ins Gewissen reden, er möge doch den Gürtel enger schnallen, auf diese Diätenerhöhung verzichtet hätten.
Natürlich ist diese Erhöhung legal, denn dafür hatte der Bundestag bereits 2014 gesorgt, als die Abgeordneten-Diäten an den „Nominallohnindex“ gekoppelt wurden. Und weil das Statistische Bundesamt ermittelt hat, dass dieser bei 6 % liegt, ist rechtlich alles in Ordnung. Rechtlich ja, politisch und moralisch bereits weniger. Denn auch, wenn sich jetzt sicherlich immer noch Abgeordnete finden, die sich beklagen, dass man mit dieser Aufwandsentschädigung kaum leben kann, so ist es ein Schlag ins Gesicht der Bürgerinnen und Bürger, wenn diesen gesagt wird, dass gespart werden muss, aber die Abgeordneten, die gerade nicht durch außergewöhnliche Leistungen auffallen, sich einen solchen Schluck aus der Pulle gönnen, den höchsten seit 29 Jahren.
In Frankreich gibt es dafür einen Ausdruck: „Fais ce que je te dis, mais ne fais pas ce que je fais“ – „Tue, was ich dir sage, aber tue nicht, was ich tue“. So kurz vor der Europawahl, die in Deutschland wie in anderen Ländern in erster Linie eine nationale Wahl werden wird, ist das politisch ziemlich ungeschickt und vertieft weiter den Graben zwischen „denen da oben“ und „denen hier unten“.
Eine Option wäre es gewesen, hätten die Abgeordneten auf diesen Schluck aus der Pulle verzichtet und das Geld für „Die Tafel“ oder einen anderen guten Zweck gespendet. Aber so etwas tut man in diesen Kreisen nicht – doch sollte sich dann auch niemand wundern, wenn die Menschen das Vertrauen in die Politik und deren Akteure verlieren. Wie groß dieser Vertrauensverlust ist, wird man am 9. Juni sehen, wenn die Nichtwähler wieder einmal die „stärkste Partei“ stellen werden.
Kommentar hinterlassen